30.10.2015 / Wort zum Tag

Apostelgeschichte 17,27

Gott ist nicht ferne von einem jeden unter uns.

Apostelgeschichte 17,27

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Ich kann den Paulus gut verstehen. Ich wäre auch zornig geworden, was heißt zornig, sauer, und zugleich irre an so viel Unverstand. Dabei war er doch in der Hauptstadt des Verstandes angekommen, in Athen, mächtige Stadt in Griechenland, da, wo die Weisen wohnen, die ihre Weisheit mit Löffeln gefressen haben. Die den lieben langen Tag über Kleinigkeiten diskutieren konnten und nichts so sehr genossen wie einen geistigen Schlagabtausch.

Da ist Paulus. Er kommt nach Athen, er hat schon viel gesehen  in Griechenland. Gerade kommt er von Beröa, da haben sie sein Evangelium an der Schrift überprüft – das war doch in Ordnung. Und jetzt, in Athen, da sieht Paulus nur Götzenbilder. Ringsherum, in der ganzen Stadt aufgestellt. Die Götter sind allgegenwärtig. Das macht ihn zornig, denn die so weisen Athener wissen gar nichts von Gott. Und was haben sie da alless tehen. Heilgötter, heilende Statuen, Bilder, die magische Kräfte haben sollen. Und alles andere scheint aufgeteilt: jeder Gott ist wie ein Abteilungsleiter in einer Behörde zuständig für bestimmte Bereiche des täglichen Lebens. Ja, Paulus muss zornig werden. Wer im Judentum groß geworden ist, der kennt nur den einen Gott. Und wer dann wie Paulus Christ geworden ist, der weiß, dass der wahre Gott des Himmels und der Erde Mensch geworden ist in Jesus Christus.

Mit diesem Wissen kommt Paulus in die Hauptstadt der Weisheit. Zu den Menschen, die nicht begriffen haben, wer Gott wirklich ist. Und er predigt von dem einen Gott, den sie nicht kennen, der aber nicht wie die anderen Götter unerreichbar ist. Gott, so sagt Paulus, und das ist das Wort für den heutigen Tag (Apg 17, 27), „Gott ist nicht ferne von einem jeden unter uns.“ Aber er ist anders. Dieser Gott hat jedem den Glauben angeboten, indem er Jesus Christus von den Toten auferweckt hat. Welcher Gott ist so wie er? Gott ist anders. Nicht einer, zu dem man mal kommen kann, wenn man etwas braucht, gibt dann ein Opfer und damit ist alles in Ordnung. Dieser Gott ist anders. Nicht ferne von einem jeden unter uns. Denn Jesus Christus, der Auferstandene hat zugesagt, dass er bis ans Ende aller Tage unter uns ist. Nicht in Stein gehauen. Sondern lebendig und begleitend. Er ist  an seinen Menschen interessiert, nicht so abgehoben, wie sich die Griechen ihre Götter vorstellten, die auch ganz menschlich von ihnen reden konnten. Aber dass ein Gott Mensch wird und sich dann aus Liebe zu seinen Menschen kreuzigen lässt, damit wir wieder ohne Schuld vor Gott dastehen – das war den Griechen fremd. Dabei ist dieser Gott der einzige, der helfen kann. Und nicht ferne von einem jeden unter uns ist. Auch heute dabei ist. Jeden Tag.

Autor/-in: Pfarrer Dr. Siegfried Meier