11.01.2011 / Wort zum Tag

Apostelgeschichte 17,26

Gott hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen.

Apostelgeschichte 17,26

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Vom Areopag aus hat man einen herrlichen Blick auf die Akropolis. Was die Touristen von heute staunen lässt, hat die Menschen schon immer beeindruckt. Der Areopag, der Marktplatz von Athen, atmet griechischen Geist. Die Akropolis versinnbildlicht die griechische Religion.

Bei seinem ersten Besuch in der Weltstadt Athen ging der Apostel Paulus – natürlich auf den Areopag. Wer Neues wusste ging dorthin. Und auch wer Neues hörten wollte. Der Areopag diente in jener Zeit als Nachrichtenbörse. Paulus war überzeugt, dass das Evangelium auf den Areopag gehört! Die beste Nachricht aller Zeiten gehört in die Öffentlichkeit. Alle sollen es hören. Die Interessierten und die Uninteressierten. Gläubige, Noch-nicht-Gläubige und Gleichgültige, Ablehnende. Alle, ja, alle.

Klug fing Paulus seine Predigt an. Er hatte ein Standbild entdeckt, das „dem unbekannten Gott“ geweiht war. So redete er über diesen den Athenern bisher unbekannten Gott. Und sprach von Gott, der sich für uns Christen in Jesus Christus geoffenbart hat.

Die griechische Religion kennt viele Götter. Zeus ist „nur“ Göttervater, aber er hat noch manch andere neben sich, die auch beanspruchen Gott zu sein. Ganz anders Gott wie er in der Bibel beschrieben wird. Er ist einer. Und einzigartig. Ihm ist keiner gleich. Er ist unvergleichlich. Schöpfer, der alles ins Leben rief und ruft. Aus einem Menschen – Adam – machte er das ganze Menschengeschlecht. Herr der Welt und Weltgeschichte, der alles in Händen hat. Er allein bestimmt über Werden und Vergehen der Menschen, über ihre Zeiten und Grenzen. Dieser Gott war den Griechen wirklich unbekannt. Von ihm hatten sie noch nie gehört.

Mit Verlaub – für Paulus steht nicht der biblischer Schöpfungsglaube gegen eine wissenschaftliche Weltentstehungstheorie. Er bekennt, dass Gott uns geschaffen hat. Sie  und mich. Und jeden Menschen. Ob gelb oder schwarz oder weiß. Ob arm oder reich, gebildet oder Analphabet. Paulus geht es darum, dass alle Menschen Gottes Geschöpfe sind. Von ihm gewollt und einzigartig gemacht. Jede und jeder ein Meisterstück seiner Kreativität. Sie und ich. Die, die wir überhaupt nicht verstehen und den, mit dem wir es überhaupt nicht können, auch. Wir alle, alle in gleicher Weise von ihm geliebt.

Diese Sicht hat eine doppelte Konsequenz. Sie verändert mein Verhältnis zu allen anderen Menschen. Wenn ich sie als einzigartige Geschöpfe des Meisterschöpfers zu sehen anfange, werde ich aufhören, an ihnen nur herumzunörgeln oder mich über sie zu stellen. Dann werde ich ihnen mit Achtung begegnen. Ich werde sie anerkennen und ihnen die Rechte zugestehen, die ich für mich in Anspruch nehme. Wenn ich sie als Menschengeschwister erkenne, werde ich geschwisterlich mit ihnen umgehen.

Und auch mich selbst lerne ich neu begreifen. Von Gott als sein Geschöpf und Gegenüber geschaffen, kann ich mich bejahen und bejahe ich, dass ich meinem Gott verantwortlich bin. Wenn er mein Schöpfer ist, soll er auch mein Herr sein. Darauf zielt eigentlich alles was Paulus sagt.

Nochmals, klug fing Paulus seine Predigt an. An ihrem Ende musste jedem klar sein, dass an Gott niemand vorbei kommt. An Gott nicht vorbei zu kommen, meint dasselbe wie das alte Wort Glauben. Auf dem Areopag von heute werden viele Götter diskutiert. Die Akropolis von heute ist so reich an Göttern wie damals. Aber es gibt nur einen Gott, davon bin ich wie Paulus überzeugt. Den Schöpfer der Welt und unseres Lebens. Den Herrn der Welt und Weltgeschichte. Unseren Herrn und Heiland. Ihn will ich bezeugen. Ihm will ich gehören.

Autor/-in: Dekan Harald Klingler