05.05.2015 / Wort zum Tag

Apostelgeschichte 14,17

"..und doch hat er sich selbst nicht unbezeugt gelassen, hat viel Gutes getan und euch vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben, hat euch ernährt und eure Herzen mit Freude erfüllt."

Apostelgeschichte 14,17

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Ich gebe zu, dass mich an der Sprache der Bibel manchmal Worte stören, die gestelzt oder sehr veraltet klingen. Luther wollte stattdessen dem Volk aufs Maul schauen, indem er so übersetzte, wie die Menschen seiner Zeit sprachen. Aber zwischen Luther und uns heutzutage liegen immerhin auch schon wieder über 500 Jahre. Und so ist z.B. das Wort „unbezeugt“ aus der Apostelgeschichte kaum noch in Gebrauch und verdient durchaus eine zeitgemäßere Übersetzung. Denn gemeint ist doch, dass Gott immer wieder seine Macht zeigt durch all das Gute, dass er uns Menschen tut, durch Fruchtbarkeit, gute Ernährung und Herzensfreude. Damit hat Gott immer wieder bewiesen, dass er kein finsterer Dämon oder unheilvoller Racheengel ist, auch keine Krämerseele, die Korinthen zählt, sondern eine Macht, die für uns sorgt und uns lieb hat.
Als ich ein kleiner Junge war, hat sich mein Vater klammheimlich aus dem Staub gemacht und meine Mutter und mich unversorgt zurückgelassen. Meine Großmutter hat uns geholfen, wo sie nur konnte. Als ich größer war und zur Schule ging, wäre es nicht möglich gewesen, ein Gymnasium zu besuchen, wenn nicht ein Mann dagewesen wäre, der als mein Stiefvater das Geld dafür aufbrachte, dass ich Abitur machen konnte. Studieren wollte ich anfangs gar nicht, doch auf Bewerbungen um eine Ausbildung bei Versicherungen und im Handel waren erfolglos. Mittlerweile hatte ich durch Freunde eine Kirchengemeinde kennengelernt und einer unserer damaligen Pfarrer meinte, ich solle doch Theologie studieren, ich hätte das Zeug dazu, Pfarrer zu werden. Im Studium selbst sind die Sprachen Griechisch, Latein und Hebräisch eine erste und große Barriere. Und so saß ich nach ein paar Semestern Sprachstudium an der Übersetzung einer entscheidenden Griechischklausur – und ich  verstand nichts. Nach fast einer Stunde fruchtlosen Nachsinnens ging ich auf den Balkon an die frische Luft und führte ein stilles Gespräch mit Gott, in dem ich ihm sagte: Lieber Gott, so werde ich kein Pfarrer, es sei denn, du selber hilfst mir bei dieser Klausur! Einige Minuten später ging ich wieder in den Hörsaal, setzte mich an meinen Platz und begann zu schreiben. Ein Satz nach dem anderen floss mir aus der Feder und ich schaffte die Klausur – nicht mit 1 oder 2, aber mit einer guten 3! Und das genügte. Mit Gottes Hilfe hatte ich diesen Stolperstein aus dem Weg geräumt und jetzt nach mittlerweile mehr als 30jähriger Tätigkeit „im Auftrag des Herrn“ weiß ich, dass Paulus und sein Mitstreiter Barnabas damals Recht hatten, als sie in Kleinasien den verdutzten Menschen dort die Botschaft von Gott übermittelten, dass Gott sich schon immer zu erkennen gab, indem er ihnen Gutes tat und half, wo er nur konnte. Und Gott tut das auch noch hier und heut!
 

Autor/-in: Pfarrer Olaf Seeger