16.07.2022 / Wort zum Tag

Angstvoll

HERR, wenn ich mitten in der Angst wandle, so erquickest du mich.

Psalm 138,7

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Wer von seinen Ängsten überfallen wird, bei dem wird‘s im Leben trüb. Lichter gehen aus. Das, was ängstet, überflutet die Seele und macht das Herz schwer. Man denkt an nichts anderes mehr. Der Mut schwindet dahin. Nichts mit unbeschwerter Lebensart!

So habe ich es selbst vor zwei Jahrzehnten dramatisch erlebt. Unversehens wird mir die Diagnose eröffnet: Krebs. Überlebenswahrscheinlichkeit bei 50%. Ein langes halbes Jahr lang die medizinische Prozedur: Chemotherapie und Bestrahlung. Dann Haarausfall und kräftemäßiger Einbruch. Obendrein Ungewissheit: Was wird mit mir, aus meiner Frau und unseren Kindern werden?

In dieser Zeit haben mich Worte aus der Bibel aufgerichtet wie das von König David aus dem 138. Psalm. Der betet (Vers 7): „HERR, wenn ich mitten in der Angst wandle, so erquickst du mich“. So hat es David erlebt. Oft genug hat er um sein Leben gezittert - aber mittendrin ein Wort von Gott. Das hat ihn „erquickt“, ihn aufgerichtet und frischen Mut gegeben.

Unverblümt spricht David von seiner Angst. Warum auch nicht!? Er und wir müssen keine Helden spielen, die überlegen und stark daherkommen. Ehrlich dürfen wir zu unseren Ängsten stehen. Angst zu haben ist keine Schande.

Aber - sie muss nicht unsere Endstation sein. Ich blende in meine Krankheitszeit zurück und denke dabei an den Gruß eines Freundes. Der zitierte Franz von Sales, einen katholischen Theologen aus der Zeit kurz nach Martin Luther. Dessen Worte fielen wie ein helles Licht auf meine düstere Seelenlandschaft: “Gott hat dieses Kreuz, bevor er es dir schickte, durchdacht mit seinem göttlichen Verstand, es gewogen mit seinen Händen, ob es einen Millimeter zu groß oder ein Milligramm zu schwer sei, und so kommt es schließlich aus dem Himmel zu dir als ein Gruß Gottes an dich, als ein Geschenk der barmherzigen Liebe“.

Das war für mich Erquickung pur! Gott hatte für mich gesorgt. Mitten in meinen Ängsten wurde ich ermuntert und aufgerichtet.

So haben es Christen zu allen Zeiten erfahren. Ich denke dabei besonders an die schrecklichen Jahre des Dreißigjährigen Krieges. Ängste rund um die Uhr! Plünderungen, Sterben und Elend waren an der Tagesordnung. Aber was Wunder: In dieser dunklen Zeit haben Christen auch reichlich Erquickung erlebt. So sind herrliche Lieder entstanden, unter anderem vom thüringischen Pfarrer Martin Rinckart „Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen“. Heute wird sein Lied weltweit gesungen. Und der Pädagoge Christian Keimann jubelt in seinem Weihnachtslied: „Freude, Freude über Freude, Christus wehret allem Leide“. Und Paul Gerhardt stößt ins gleiche Horn: „Ermuntert euch und singt mit Schall Gott, unserm höchsten Gut“.

Mitten in allem Beschwerlichen erleben Christen: Die Angst ist da, manchmal rund um die Uhr. Aber unser Gott und Heiland erquickt uns. Er hat uns im Auge und tut uns Gutes. Sein Wort richtet uns auf und lässt uns durchhalten. Wir haben Grund zum Danken.

Ich kenne Ihre Ängste nicht, liebe Hörerinnen und Hörer. Sie wissen am besten, was Ihnen derzeit Not bereitet und auf der Seele liegt. Aber das weiß ich: Gott hat auch für Sie gute Worte bereit, in der Bibel, vielleicht auch durch Menschen in Ihrer Nähe. Gott kennt viele Möglichkeiten, uns zu erquicken und zu erfreuen. Gott sei Dank!

Autor/-in: Präses i. R. Dr. Christoph Morgner