29.01.2023 / Wort zum Tag

Angesehen sein

HERR, Gott Zebaoth, tröste uns wieder; lass leuchten dein Antlitz, so ist uns geholfen.

Psalm 80,20

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„Not lehrt Beten! – sagt der Volksmund. Na ja, schön wäre es, wenn Beten noch eine Option in Notlagen wäre. Lehrt heute nicht eher die Not das Fluchen? Ich empfinde immer mehr, dass der Glaube an Gott geradezu verdampft und dadurch Beten verstummt. Und wenn in einem Fernsehfilm zu Tisch gebetet wird, mutet das mittelalterlich an. Dahinter aber steht die Frage: „Bringt Beten eigentlich etwas?“ „Warum bete ich?“ Und vor allem: „Mit wem spreche ich?“

Für mich ist das Gebet etwas Großes. Das hängt aber damit zusammen, dass die Beziehung zu Gott für mich ein zentraler Wert meines Lebens ist. Mit ihm pflege ich eine sehr persönliche Beziehung. Und zu einer Beziehung gehört eben, dass miteinander geredet wird. Das nennt die Bibel Beten.

Beten ist im christlichen Sinne also kein Ritual, um eine Gottheit uns wohlgestimmt zu machen, sondern Ausdruck einer Beziehung, einer Freundschaft. Deshalb lässt sich Beten auch nicht mit dem Ursache-Wirkungsprinzip erklären. Beten ist kein Mittel, sondern ein Ausdruck von Leben. Oder anders ausgedrückt: Beten ist wie das Atmen der Seele. Die Psalmen sind dafür ein gutes Beispiel.

Unterschiedliche Lebensstationen und unterschiedliche Lebenssituationen bedingen auch eine unterschiedliche Gebetspraxis. Manchmal ist mir Gott vertrauter und manchmal empfinde ich ihn fern und distanziert. In der Bibel gibt es für Gott unterschiedliche Namen. Von den Betern der Bibel werden diese Namen in unterschiedlichen Situationen gebraucht.

Das Wort für heute ist solch ein Gebet, das unterschiedliche Namen Gottes gebraucht. In Psalm 80 Vers 20 heißt es: „Herr, Gott, Zebaoth, tröste uns wieder; lass leuchten dein Antlitz, so ist uns geholfen.“

Alle drei Gottesnamen kommen in Psalm 80 nacheinander vor und dann gesammelt in Vers 20. Es ist ein Gebet in Zerstörung, Not und Kummer. Der Beter versteht Gottes Handeln nicht mehr. Dreimal unterbricht er sein Klagelied und wie in einem Kehrvers betet er: „Tröste uns“ oder genauer übersetzt – „stell uns wieder her, führ uns zurück“ und weiter „lass leuchten dein Antlitz“– das meint, „Schau wieder auf uns, sieh uns an und segne uns, dann ist uns geholfen.“

In diesen Bitten verwendet er jedes Mal einen anderen Gottesnamen und im letzten Kehrvers nennt er alle drei Namen Gottes zusammen:

„Jahwe, Elohim, Zebaot, tröste uns wieder; lass leuchten dein Antlitz, so ist uns geholfen.

„Jahwe“, der Gott, der mir nahe kommt. Der da ist, wo ich jetzt bin. „Elohim“, der mächtige Schöpfergott, und „Zebaoth“, Herr der Heerscharen - der Gott, dem alles im Himmel und auf Erden dienen muss. Umfassender kann die Nähe, Macht und Wirksamkeit Gottes kaum beschrieben werden. Und der Beter bittet darum, dass dieser Gott ihn wieder aufrichtet, ihn anstrahlt mit seiner Güte und segnet. Und er ist gewiss: „Dann ist mir geholfen. Dann kann ich auch meiner schweren Lage getrost und zuversichtlich sein.“

So ist das – wer im Gebet Gottes Angesicht, die Wärme seiner Barmherzigkeit und Güte spürt, kann aufatmen, dem ist geholfen, der wird heil. Der kann genesen. Und deshalb ist Beten für mich etwas Großes!

Autor/-in: Friedhelm Geiß