01.05.2022 / Wort zum Tag

„Alles fließt!“

So viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.

Jesaja 55,9

Ihr Browser unterstützt HTML5 Audio nicht!

Kaum etwas bleibt, wie es ist. Das Stete im Leben ist der Wandel. „Alles fließt“, behauptete einst ein weiser Grieche. Sollte er recht haben, könnte die menschliche Suche nach Halt und Festigkeit im Leben hier eine Erklärung finden. Wenn mir mein Leben durch die Finger rinnt, möchte ich es irgendwo festmachen können. Manche finden Halt in der Familie, andere in ihrer Weltanschauung. Ich glaube an Gott. Ich glaube und hoffe, dass er alles im Griff hat, wenn bei uns auf der Erde mal wieder vieles schief läuft, wie die Kriege in der Ukraine, im Jemen und in Syrien, die Taliban in Afghanistan und das Chaos im Libanon und so weiter. Zurzeit gibt es in 22 Ländern kriegerische Auseinandersetzungen. Das Erste, was im Krieg verloren geht, ist bekanntlich die Wahrheit, das Zweite ist die Menschlichkeit. Das wird sich niemals ändern. Das und die Tragödien, die Folgen für Mensch und Natur. Von alters her bis heute bleibt die Eroberung eines Landes, was sie schon immer war: brutal und Menschen verachtend.

Die Israeliten vor Jahrtausenden können auch ein Lied davon singen, was Krieg und Vertreibung mit ihnen gemacht haben. Unendliches Leid, Tod und Demütigungen mussten sie über sich ergehen lassen. Erstaunlich ist, wie sie ihre Niederlagen und Tragödien deuten. Oder anders gesagt, wie sie ihren Gottesglauben bewahren. Eine große Hilfe kommt von Gott selbst. Er befähigt Menschen unter ihnen, die ihnen Mut machen, sie ermahnen und unermüdlich Glaubenshalt vermitteln. Wie der Prophet Jesaja. Ich lese die Verse 6 bis 9 aus Kapitel 55 des Jesajabuchs:

„Sucht den Herrn, solange er sich finden lässt! Betet zu ihm, solange er euch nahe ist! Hast du dich gegen Gott aufgelehnt? Bist du eigene Wege gegangen und eigenen Plänen gefolgt? Dann hör auf damit! Kehr deinem alten Leben den Rücken, und komm zum Herrn! Er wird sich über dich erbarmen. Unser Gott vergibt uns, was auch immer wir getan haben. Er sagt: Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und meine Wege sind nicht eure Wege. Denn wie der Himmel die Erde überragt, so sind auch meine Wege viel höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“

Was sind Gottes Gedanken? Was unterscheidet unsere Wege von seinen Wegen? Etwas weiter im Jesajabuch, Kapitel 58, Verse 6 bis 9 lässt sich herauslesen, wie Gott ist und was er sich für uns vorstellt: „Löst die Fesseln der Menschen, die ihr zu Unrecht gefangen haltet, befreit sie vom drückenden Joch der Sklaverei, und gebt ihnen ihre Freiheit wieder! Schafft jede Art von Unterdrückung ab! Gebt den Hungrigen zu essen, nehmt Obdachlose bei euch auf, und wenn ihr einem begegnet, der in Lumpen herumläuft, gebt ihm Kleider! Helft, wo ihr könnt, und verschließt eure Augen nicht vor den Nöten eurer Mitmenschen! Dann wird mein Licht eure Dunkelheit vertreiben wie die Morgensonne, und in kurzer Zeit sind eure Wunden geheilt. Eure barmherzigen Taten gehen vor euch her, meine Macht und Herrlichkeit beschließt euren Zug. Wenn ihr dann zu mir ruft, werde ich euch antworten. Wenn ihr um Hilfe schreit, werde ich sagen: Hier bin ich.“

Wie aktuell ist das denn? Barmherzig sein und helfen, wo es nur geht. Mitmenschlich sein.

Das will Gott heute wie damals. Darin wird er sich niemals ändern. Darin ist und bleibt Gott derselbe heute und in alle Ewigkeit. Und wir Menschenkinder? Wir finden Halt in Gott und durch ihn in dem, was uns menschlich macht, barmherzig und gütig. Kein Mensch muss bleiben, wie er ist. Das ist die gute Nachricht.

Autor/-in: Mag. Theol. Rositta Krämer