10.04.2015 / Wort zum Tag

5. Mose 30,2.3

"Wenn du dich bekehrst zu dem HERRN, deinem Gott, dass du seiner Stimme gehorchst, du und deine Kinder, von ganzem Herzen und von ganzer Seele in allem, was ich dir heute gebiete, so wird der HERR, dein Gott, deine Gefangenschaft wenden und sich deiner erbarmen und wird dich wieder sammeln aus allen Völkern, unter die dich der HERR, dein Gott, verstreut hat."

5. Mose 30,2.3

"Denn indem ihr nun frei geworden seid von der Sünde, seid ihr Knechte geworden der Gerechtigkeit."

Römer 6,18

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Muss ich mir meine Anerkennung verdienen? Oder darf ich dienen, weil ich anerkannt bin? – Das ist ein gewaltiger Unterschied.

In unserem Alltag erleben wir häufig das erste: Wir müssen uns unsere Anerkennung verdienen. Wer Leistung bringt, der gilt etwas.

Schon Kinder müssen sich ihre Anerkennung verdienen. In der Schule mit guten Noten und bei den Eltern im Konkurrenzkampf mit den Geschwistern. Auch unter Freunden haben es Kinder nicht leicht, anerkannt zu werden. Wer bestimmten Erwartungen nicht entspricht oder nicht alles mitmacht, gilt schnell als Außenseiter.

In der Berufswelt setzt sich das fort. Wenn man es zu etwas bringen will, muss man sich die Anerkennung seiner Vorgesetzten verdienen.

Auch in christlichen Gemeinden sind wir davon nicht frei. Ein Mitarbeiter der viel Zeit und Engagement einbringt, wird anerkannt und hofiert. Wer nur einmal im Jahr die Tische nach dem Gemeindefest wegräumt wird schnell übersehen.

Wir sind darauf gepolt: Wenn ich mich anstrenge und das bringe, was von mir erwartet wird, dann werde ich auch anerkannt, dann habe ich Erfolg.

Einen ganz ähnlichen Eindruck kann man gewinnen, wenn man das 30. Kapitel im 5. Buch Mose liest.

Gott hält seinem Volk vor: Wenn Du meine Gebote hältst, wenn Du auf mich hörst und mir treu bleibst, wenn Du Dich zu mir hinwendest, dann … Ja dann wird es Dir gut gehen, dann wirst Du gesegnet sein. Deine Arbeit wird nicht umsonst sein, Deine Felder werden Ertrag bringen, Deine Heimat wird vor Feinden sicher sein. Wenn aber nicht, tja dann wirst Du alles verlieren.

Es sind ernste Worte, mit welchen Gott sein Volk vor die Wahl stellt, Segen oder Fluch zu empfangen.

Dahinter steht durchaus eine gewisse Logik: Wenn ich Gutes empfangen will, dann muss ich mich dem zuwenden, der mir Gutes verheißt. Wenn ich mich von ihm abwende, dann kann ich auch nicht erwarten, dass mir das Gute nachgetragen wird.

Gott will uns Gutes tun. Er will uns segnen und erfülltes Leben geben. Wer sich von Gott abwendet, wendet sich auch vom Guten ab.

In der Theologie nennt man das den Tun-Ergehens-Zusammenhang. Wenn ich etwas tue, dann folgt aus dem Tun ein Ergehen, das ich dann auch ertragen muss. Ein Denken, das man in Texten des Alten Testamentes immer wieder antrifft. So auch hier im 5. Buch Mose.

Und das hat ja durchaus seine Berechtigung. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn ich immer wieder gegen das Gebot „Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten!“ verstoße, dann brauche ich mich nicht wundern, wenn mir niemand mehr vertraut. Ich muss dann den Fluch eines Lügners auf mir tragen.

Ich bin sehr dankbar, dass dieses Denken im Neuen Testament durchbrochen wird.

Gott selbst hat sich von so strafendem, aber auch von einem gewissen  belohnenden Handeln lossagt. Schon im Propheten Jesaja lesen wir vom kommenden Gottesknecht: Alle Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten. Und Paulus macht deutlich: Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.

Die Botschaft des Neuen Testamentes ist die Rechtfertigung des Sünders allein durch den Glauben, allein durch Christus, allein aus Gnade, wie Martin Luther es formuliert hatte.

Ich brauche keine Leistung zu bringen, um von Gott anerkannt zu sein. Ich muss nicht erst seine Gebote erfüllt haben, um bei ihm lieb Kind zu sein. Nein, ich bin anerkannt, weil ich durch den Glauben an Jesus Christus zum Kind Gottes wurde.

Darum kann Paulus sagen: Befreit von der Sünde, seid ihr in den Dienst der Gerechtigkeit gestellt worden.

Ich werde also in seinen Dienst erhoben, weil er mich in Christus anerkannt hat, und zwar allein aus Gnade und allein aus Glauben. Verdienen kann und muss ich mir das nicht. Das empfinde ich als Befreiung von dem allzu oft wiederkehrenden christlichen Leistungsdruck.

Autor/-in: Pfarrer Jörg Gerhard Muhm