30.07.2014 / Wort zum Tag

5. Mose 16,19

"Du sollst das Recht nicht beugen und sollst auch die Person nicht ansehen und keine Geschenke nehmen; denn Geschenke machen die Weisen blind und verdrehen die Sache der Gerechten."

5. Mose 16,19

Ihr Browser unterstützt HTML5 Audio nicht!

„Alles ist käuflich, und jeder ist käuflich“, murmelt der elegant gekleidete Mann im Fernsehkrimi. Über sein gepflegtes Gesicht huscht ein breites Grinsen, als er fortfährt: „Es ist alles nur eine Frage des Preises.“
Längst hat diese Haltung die Drehbuchwelt des Krimis verlassen und ist mitten unter uns ansässig geworden. Wer es sich leisten kann, leistet sich alles - alles Mögliche, alles Unmögliche. Alles nur eine Preisfrage. Und die lässt sich mit Geld oder Bestechungsgeschenken lösen.
„Hast du was, dann bist du was“, so lautet das materialistische Glaubensbekenntnis.
„Der oder die kann nicht genug bekommen“, sagt man wohl abfällig über andere und rechnet selbst im Überschlag, wann man sich die nächsten Kleidungsstücke, das nächste Auto, die nächste größere Reise leisten kann. Immerhin waren die Nachbarn schon in der Karibik, und so dicke haben die es doch auch nicht.
„Geld regiert die Welt“ - sagt der Volksmund.
„Du sollst das Recht nicht beugen … und keine Geschenke annehmen, denn Geschenke machen… blind“, sagt die Bibel.
Ich höre natürlich sofort den Einwand: Was soll die Miesmacherei? Darf ich mir denn nichts leisten?
Es geht nicht darum, auf alles zu verzichten, alles aufzugeben. Es geht nur darum, nicht gierig zu werden und das Recht zu tun.
Wie sieht das aus? Konkretisierung bieten die Propheten, z. B. Micha.
Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten.“ Wörtlich steht da: Gottes Recht tun.
Eine Botschaft quer zum Trend der Zeit. Damals wie heute.
Die Propheten kannten die Sorgen und Nöte der kleinen Leute nur zu gut. Die haben zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel.
Immer haben sich die Propheten zum Anwalt der Unterdrückten, der Armen, der Fremden, der Witwen und Kinder gemacht und die Mächtigen angeklagt, wenn sie das Recht brachen. Oft mit starken Worten.
Und sie erinnern daran, dass die sozialen Missstände das Ergebnis eines kollektiven Gedächtnisschwundes sind. Wer Gott vergisst und seine Gebote, vergisst auch bald den Nächsten. Und so rufen sie zurück zu den Grundwerten des Lebens, zu den Geboten Gottes, die Recht fördern und Leben gelingen lassen.
Es ist ein Ordnungsruf in einer Welt, in der die Grenzen verschwimmen zwischen Recht und Unrecht, Wahrheit und Lüge, gesundem Selbstbewusstsein und krankhaftem Egoismus, verliehener Macht und brutaler Diktatur des Stärkeren. 
Leben kann sich entfalten, wo das Recht nicht gebeugt wird.
Wenn wir heute versuchen, Regeln aufzustellen für das Zusammenleben von unterschiedlichen Menschen, dann sind wir gar nicht so weit weg von den 10 Geboten.
Sie engen nicht ein. Sie geben der Freiheit einen Raum.
Denn Freiheit ohne Bindung ist rasch verspielt und ohne Recht, das dem Schwachen dient, ist der Friede schnell zum Teufel.
Die Gebote Gottes – Angebot und Orientierung für gelingendes Leben.
Jesus von Nazareth hat im Neuen Testament die Gebote auf einen kurzen Nenner gebracht.
Nach dem wichtigsten Gebot gefragt, hat er geantwortet:
„Du sollst den Herren, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt. Dies ist das höchste und größte Gebot.
Das andere aber ist dem gleich:
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. In diesen Geboten hängt das Gesetz und die Propheten.“ (Matth. 22,37-40)
 

Autor/-in: Pfarrerin Birgit Winterhoff