02.08.2010 / Wort zum Tag

5. Mose 15,11

Ich gebiete dir und sage, dass du deine Hand auftust deinem Bruder, der bedrängt und arm ist.

5. Mose 15,11

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Wohlstand für alle! – Wohlstand für alle? 

1957 schrieb der damalige Wirtschaftsminister und spätere Bundeskanzler Ludwig Erhard ein programmatisches Buch mit dem Titel „Wohlstand für alle“. Darin umreißt er die Chancen und Gefahren unseres Wirtschaftssystems – und geradezu prophetisch beschreibt er die Grenzen des Sozialstaates. Im Jahre 2009 forderte eine politische Partei auf großen Plakaten noch mehr: „Reichtum für alle“ war da zu lesen. Aber im Gegensatz zu den gründlichen und wissenschaftlichen Ausarbeitungen Ludwig Erhards fand der Wähler 2009 nirgendwo einen konkreten Weg dorthin beschrieben. 

„Reichtum für alle“ bleibt wohl ein Traum, eine Utopie auf dieser Erde. Trotz aller Anstrengungen leben die meisten Menschen in großer Armut. 

Aber – sie haben in ihren Träumen Gott auf ihrer Seite. Denn schon im Alten Testament entwirft Gott selbst diesen Traum, wenn er zu seinem Volk sagt: „Es sollte überhaupt kein Armer unter euch sein, denn der Herr wird dich segnen in dem Lande, das er dir zum Erbe geben wird – wenn du nur der Stimme des Herrn, deines Gottes, gehorchst …“ (5. Mose 15, 4-5).

Keine Armut – so hat sich Gott das also ursprünglich gedacht. Und um diesen Traum zur Wirklichkeit werden zu lassen, gibt er seinem Volk damals ein umfassendes Sozialgesetz mit auf den Weg. Das Besondere daran ist, dass in regelmäßigen Abständen – alle sieben Jahre bzw. alle 50 Jahre – alles wieder auf Null gestellt wird: Geliehenes wird nicht zurückgefordert, verkauftes Land muss an den ursprünglichen Besitzer zurückgegeben werden, jeder bekommt wieder dieselbe Chance zum menschenwürdigen Leben. Eine fast utopische Idee. Und mittendrin in diesem sozialen Lebensentwurf steht unser heutiges „Wort zum Tag“: "Ich gebiete dir und sage, dass du deine Hand auftust deinem Bruder, der bedrängt und arm ist" (5. Mose 15,11). 

Konkret ist das großzügige Ausleihen gemeint. Aber auch das gesamte Umfeld unseres Bibelwortes sagt uns: Du kannst doch großzügig sein, denn Gott segnet dich ebenso großzügig. Du brauchst nicht um alles zu feilschen und kleinkariert aufrechnen, denn Gott macht das mit dir auch nicht.

Die einzige Bedingung: Richte dich nach meinen Geboten – und du wirst den Traum erleben: Wohlstand für alle! 

Zu schön, um wahr zu sein? – Nicht ganz. Denn es hat in der Geschichte tatsächlich Beispiele gegeben, in denen es wirklich funktioniert hat. Manche Forscher meinen sogar, das Überleben des jüdischen Ghettos im Mittelalter gelang nur dadurch, dass man sich innerhalb der Gemeinschaft wieder an diese alte göttliche Sozialordnung erinnerte. Und die ersten Christen lebten ebenso solidarisch. Dass sie durch Christus erlöste und befreite Leute waren – das war so wichtig, dass sie es gar nicht nötig hatten, sich an materiellen Dingen festzuklammern. Materielles war drittrangig geworden. Die Liebe zueinander war unendlich wichtiger. 

Natürlich können und sollen wir heute nicht aus unseren gesellschaftlichen und sozialen Beziehungen aussteigen. Aber wir können in unserem Umfeld etwas von der Großzügigkeit Gottes weitergeben. „Können“? – Nein, Gott formuliert es schärfer: „Ich gebiete dir und sage, dass du deine Hand auftust deinem Bruder, der bedrängt und arm ist.“ 

Autor/-in: Pastor Wolfgang Buck