19.03.2010 / Wort zum Tag

5. Mose 14,1

Ihr seid Kinder des HERRN, eures Gottes.

5. Mose 14,1

Ihr Browser unterstützt HTML5 Audio nicht!

Die Geschichte ist millionenfach erzählt worden. Sie ist aber auch zu schön, zu wichtig! Wie kaum eine andere Geschichte beschreibt sie das Verhältnis Gottes zu seinen Menschen. Ein Mann hat zwei Söhne. Ein Bauer. Der Jüngere sagt eines Tages: „Vater, zahl mir mein Erbe aus. Ich will weg. Ich muss weg. Der Hof kann nicht meine Welt sein. Meine Welt ist woanders. Ich will sie suchen.“ Der Vater ist erschüttert. So eine Bitte hat man nicht zu äußern, denn im Grunde bedeutet sie: Ich wünschte, du wärest schon tot. Doch er tut, was der Sohn verlangt und lässt ihn ziehen. Lange wird er ihm nachgeschaut haben. Dann ist der junge Mann nicht mehr zu sehen. Der atmet und genießt nun den Duft der großen weiten Welt, wirft sein Geld mit vollen Händen unter die Leute, hat Freundinnen und Freunde haufenweise. Bis – bis die Taschen eines Tages leer sind. So leer, dass er nur noch einen einzigen Ausweg sieht: Er bewirbt sich als Schweinehirt und arbeitet fortan bei einem Mann, der nicht einmal zum jüdischen Volk gehört. Denn Schweinezucht war den Juden verboten. Schweine waren unreine Tiere. Ganz oben war er gewesen. Nun ist er ganz unten. Tiefer geht nicht mehr. Er bekommt kaum etwas zu essen und klaut den Schweinen immer wieder etwas aus deren Trog, um den knurrenden Magen zu besänftigen. Da kommt ihm plötzlich der Gedanke: Ich könnte doch auch bei meinem Vater arbeiten. Als seinen Sohn wird er mich nicht wieder aufnehmen. Das habe ich verspielt. Aber vielleicht nimmt er mich als Tagelöhner. Und er macht sich auf den langen, mühevollen Rückweg.

Als hätte der Vater den Platz, von dem aus er seinen Sohn am Horizont hat verschwinden sehen, niemals verlassen, sieht er ihn nun zurückkommen. Eine kleine magere, abgerissene Gestalt mit zerrissenen Kleidern, schmutzig, stinkend. Nichts stinkt schlimmer als jemand, der mit den Schweinen gelebt hat. Und in jüdischen Nasen muss dieser Gestank noch unerträglicher gewesen sein. Doch egal. Als der Vater ganz sicher ist, dass das sein Sohn ist, der da am Horizont zu sehen ist und allmählich größer wird, tut der Vater, was ein Vater im Orient niemals zu tun pflegt. Er rennt der kleinen Gestalt entgegen. Rennt und rennt - und als er endlich bei ihm angekommen ist, schließt er ihn in die Arme, küsst ihn, schiebt ihm den Familienring auf den Finger und sagt: „Gut, dass du wieder zu Hause bist, mein Sohn.“ Der kommt gar nicht mehr dazu, seine lange auswendig gelernte Entschuldigungsrede vorzutragen. Der kommt gar nicht mehr dazu zu sagen: „Ich will als Tagelöhner arbeiten, weil das Recht, dein Sohn zu sein, habe ich verwirkt.“ Der ist nun wieder zu Hause und ein neues Leben beginnt.

Millionenfach ist diese Geschichte erzählt worden, die Geschichte vom verlorenen Sohn. Jesus hat sie sich ausgedacht, um zu beschreiben, wie Gott ist und wie er mit seinen Menschen umgeht. Menschen sind nicht einfach nur Geschöpfe Gottes. Nein, sie können seine Kinder sein. Er hat sie in die Welt gesetzt. Er möchte ihnen helfen, erwachsen zu werden. Er möchte, dass ihr Leben gelingt. Er ist bereit, alles für sie zu geben.

Gott ist nicht einfach nur Gott. Gott ist Vater. Das wird Gott durch Jesus für uns. Das Volk Israel, die Juden ahnten das eigentlich längst. Schon im 5. Buch Mose erfahren sie: „Ihr seid Kinder des HERRN, eures Gottes.“ Und wir dürfen uns bis heute daran freuen. Kinder sind wir Christen. Geliebte Kinder durch Jesus. Geliebte Söhne und Töchter. Und auch wenn wir uns in fernen Welten verloren haben – er wartet darauf, dass wir zurück kommen. Er ist bereit, neu mit uns anzufangen. Er will uns den Schmutz aus dem Gesicht waschen und von den Händen. Er will uns neu einkleiden. Er will uns immer wieder neu aufnehmen in seiner Familie. Ein wunderbarer Gott. Ein wunderbarer Vater.
 

Autor/-in: Jürgen Werth