22.07.2009 / Wort zum Tag

3. Mose 25,14

Wenn du deinem Nächsten etwas verkaufst oder ihm etwas abkaufst, soll keiner seinen Bruder übervorteilen.

3. Mose 25,14

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Ich liebe den jüdischen Humor. Jüdische Witze von Juden erzählt, gehören zum kostbarsten, was der menschliche Humor überhaupt hervorgebracht hat. Meist sind es Witze gegen die Verzweiflung. Witze gegen das Dunkel. Witze gegen die Unterdrückung. Aber auch Witze, die die eigenen Besonderheiten aufs Korn nehmen. Das hier ist einer meiner Lieblingswitze:

„Treffen sich zwei Juden. Ein Armer und ein Reicher. Sagt der Arme zum Reichen: Würdest du mir bitte einen kleinen Kredit geben? Sagt der Reiche großmütig: Aber natürlich gebe ich dir einen Kredit. Fragt der Arme ängstlich: Nimmst du auch Prozente? Antwortet der Reiche: Aber natürlich nehme ich Prozente. Ich muss Prozente nehmen. Fragt der Arme: Und wie viel Prozente nimmst du? Sagt der Reiche: 9 Prozent. Worauf der arme Jude die Hände über dem Kopf zusammenschlägt: 9 Prozent. Stell dir vor, du nimmst von einem Glaubensbruder 9 Prozent Zinsen. Stell dir vor, Gott vom Himmel schaut herab und sieht, dass du mir 9 Prozent Zinsen abknöpfst. Worauf der Reiche entspannt lächelnd antwortet: Kein Problem. Wenn Gott vom Himmel schaut herab, sieht die 9 aus wie eine 6.“

So geht das, so kann man vor sich selbst, so kann man vor anderen Menschen und so kann man sogar vor Gott bestehen, zumindest bildet man sich das immer wieder ein. Dabei lässt Gott der Ungerechtigkeit kein Schlupfloch. Glasklar heißt es zum Beispiel im 3. Buch Mose, in Kapitel 25, 14: „Wenn du deinem Nächsten etwas verkaufst oder ihm etwas abkaufst, soll keiner seinen Bruder übervorteilen.“ Dieser Satz steht in den Vorschriften zum Erlassjahr. In jedem 50. Jahr soll jeder seinen verpfändeten Besitz zurückbekommen, sollen Sklaven frei gelassen werden. Doch die Regel, die ich eben zitiert habe, gilt ganz sicherlich nicht nur für dieses besondere Jahr. Gott will, dass Menschen gerecht miteinander umgehen, dass niemand einen anderen um sein Recht bringt, dass niemand einen anderen unterdrückt oder auch nur übervorteilt. Dieses Grundgesetz zieht sich durch die ganze Bibel. Das Grundgesetz, das in den beiden Liebesgeboten zusammengefasst ist: „Du sollst Gott, deinen Herrn lieben – und deinen Nächsten wie dich selbst.“

Nun haben schlitzohrige Menschen zu allen Zeiten versucht, diese Vorschriften zu umgehen, sie auszuhöhlen oder sie umzudeuten. Aber Gott im Himmel durchschaut alle Tricks hier auf der Erde. Und für ihn ist die 9 auch nicht einfach eine 6, weil er von oben schaut. Gott ist unten auf der Erde. Gott ist an der Seite der Menschen, denen Unrecht geschieht. Wir Christen bekennen Jesus Christus als den Mensch gewordenen Gott, der mit seinen Menschen auf Augenhöhe gekommen ist. In diesem Jesus Christus ist Gottes Gesetz erfüllt. Er war ganz und gar die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten. Jeder, der sich zu ihm hält, der sich nach ihm „Christ“ nennt, nimmt nun Maß an diesem Jesus Christus. Wie hat er gelebt? Wie ist er mit Menschen umgegangen? Nie hat er einen übervorteilt. Immer hatte er den Vorteil des anderen im Blick, selbst wenn er hart mit ihm oder mit ihr ins Gericht gehen musste. Und am Ende ließ er sich selber buchstäblich übervorteilen, ließ sich aufs Kreuz legen, damit die Menschen für alle Zeit den Vorteil des ewigen Lebens ergreifen können. Diesen Jesus will ich hineinlassen in meinen Alltag immer wieder. Ich will ihn auch hineinlassen in meine Geschäfte. Wie gut, dass er sich darauf einlässt.
 

Autor/-in: Jürgen Werth