09.05.2009 / Wort zum Tag

2. Mose 15,13

Du hast geleitet durch deine Barmherzigkeit dein Volk, das du erlöst hast.

2. Mose 15,13

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„Erbarmen, Erbarmen“, bei unseren kindlichen Raufereien war dieser Aufruf das Zeichen bedingungsloser Kapitulation. Erst wenn die Lage wirklich aussichtslos war und die Befreiung aus eigenen Kräften undenkbar, brachte ich diese Worte über die Lippen. Dann konnte allein ein Gnadenakt meines Gegners verhindern, dass ich ausgekitzelt wurde. Das nämlich wäre der logische letzte Akt des Kampfes gewesen. Ich war meinem Gegner ausgeliefert und konnte nur noch an seine Barmherzigkeit appellieren.

Ganz ähnlich muss sich das biblische Volk Israel in Ägypten gefühlt haben. Aber mit der Barmherzigkeit des Pharao konnte es nicht rechnen. Für ihn ging es um Macht. Jedes Flehen war aussichtslos.

Doch da gab es auch noch Gott. Er sieht das Leid des Volkes, nimmt sich seiner an und führt es in die Freiheit. Der Auszug aus Ägypten, der Weg in die Freiheit, ist verworren und steinig. Doch Gott leitet sein Volk Schritt für Schritt. In der Freiheit besinnt sich Gottes Volk darauf, was dabei geschehen ist. Und das Fazit ist deutlich: „Du hast geleitet durch deine Barmherzigkeit dein Volk, das du erlöst hast.“

Nein, es gibt keine rationale Begründung für diese Befreiung aus Knechtschaft und Abhängigkeit. Aber Gott hat sich seiner Menschen erbarmt. Gott wendet sich ihnen zu – aus freiem Entscheid. Und dann wagt das Volk den Aufbruch in die ungewisse Freiheit.

„Du hast geleitet durch deine Barmherzigkeit dein Volk, das du erlöst hast.“ So steht es in der heutigen Losung in 2. Mose 15,3. Gottes Führungsprinzip – sein Motiv – ist also die Barmherzigkeit. Gott will nicht bloß Lösungen für Probleme schaffen, sondern uns Menschen erlösen. Er will seine Menschen vom Leben unter fremder Herrschaft befreien. Das ist sein Ziel für uns: Erlösung und Befreiung für ein Leben mit ihm. Diese Befreiungsgeschichte beginnt mit der Barmherzigkeit Gottes, seiner freien unbedingten Zuwendung zu den Menschen. Sie ist nicht unser Verdienst. Trotzdem braucht es die Antwort der Menschen: „Du hast geleitet durch deine Barmherzigkeit dein Volk ...“

Zur Antwort gehört dieser direkte Dialog. „Gott ist barmherzig“, das ist leicht gesagt. „Du leitest mich durch deine Barmherzigkeit.“ Das ist viel persönlicher, hat eine andere Qualität. Wer in diesem Zusammenhang „du“ zu Gott sagen kann, bekennt, dass er diese Barmherzigkeit nötig hat, und bestätigt, dass er dieses Geschenk annehmen will: Gottes Barmherzigkeit als Leitungsprinzip für das eigene Leben.

„Du hast geleitet durch deine Barmherzigkeit dein Volk, das du erlöst hast.“ Gottes Volk singt dieses Loblied auf seinen Herrn. Seine Barmherzigkeit ließ diese Menschen aufbrechen. Mit ihm sind sie unterwegs in der neu gewonnenen Freiheit. Und dabei haben sie ein wunderbares Ziel vor Augen. Gottes Ziel für seine Menschen. So wie es der zweite Teil des Verses berichtet: „Und du hast sie geführt durch deine Stärke zu deiner heiligen Wohnung!“ Diesen Weg in seine Gegenwart möchte er auch mit uns gehen.
Autor/-in: Andreas Schenk