25.02.2015 / Wort zum Tag

1. Thessalonicher 4,11

„Paulus schreibt: Setzt eure Ehre darein, dass ihr ein stilles Leben führt und das Eure schafft und mit euren eigenen Händen arbeitet.“

1. Thessalonicher 4,11

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Zugegeben, was Paulus hier schreibt, klingt nicht sehr romantisch. Als Jugendlicher hatte ich andere Ideale und Vorbilder: Freiheitsliebende Reiselustige; ungebundene Vagabunden; alternative Künstlertypen und kreative Aussteiger. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass wir dazu geboren werden, ein spießiges Leben zu führen und die Gartenzwerge vor dem Haus zu pflegen. Wenn Paulus hier ein „stilles Leben“  einklagt, klingt es aber genau nach dieser für mich angestaubten Schrebergartenidylle. Meint Paulus das wirklich? Ist das Christentum einfach eine gut bürgerliche Religion mit dem höchsten Ziel, möglichst mit einem eigenen Häuschen in Rente zu gehen?

Ist das Christentum nicht revolutionär, radikal und alternativ? Als den Thessalonichern die frohe Botschaft verkündigt wurde, hatten sie vielleicht genau diesen Eindruck: Jetzt lösen sich die bestehenden Ordnungen auf. Das angebrochene und bald ganz hergestellte Reich Gottes stellt doch alles Irdische in Frage. Wenn Jesus bald wiederkommt, können wir die gesellschaftlichen Schranken und Regeln hinter uns lassen. Es kommt nicht mehr darauf an, ein guter Bürger zu sein. Geld, Arbeit, Vorsorge und ein geregeltes Leben spielen keine Rolle mehr.

In seinem Brief an die junge Gemeinde steuert Paulus entschieden gegen: Nein, auf keinen Fall geht es darum, die bestehenden Ordnungen einfach aufzulösen. Das Irdische ist nicht gleichgültig; sorgfältiger Umgang mit Geld, Zeit und Arbeit sind sogar ein wichtiges Aushängeschild für Christen. Warum ist Paulus hier so klar und eindeutig? Ist das Christentum also im Grunde doch nur stockkonservativ?
Der Blick des Paulus kommt aus einer ganz anderen Richtung: Ihm geht es um die Liebe. Und zwar in ihrer radikalsten Art. Paulus fordert die Gemeinde auf, einander echt und ausdauernd zu lieben. Aber wenn Liebe mehr sein soll als ein paar gute Wünsche und freundliche Worte – wenn sie wirklich radikal ist – dann kostet sie etwas! Liebe kostet. Liebe kostet immer – und zwar auch Geld, Zeit, Arbeit,  Einsatz, Vermögen, Wohnraum, Nahrung. Wer liebt – der gibt. Und wer geben will, der muss etwas haben, das er geben kann. Das ist die einfache und revolutionäre Formel des Paulus. Denn revolutionär ist nicht derjenige, der hohe Gedanken pflegt und dabei auf Kosten anderer lebt. Radikal sein bedeutet nicht, wilde Theorien zu verkündigen, sondern den Armen zu helfen, wenn es sein muss unter Verzicht auf eigenen Wohlstand. Wer im Sinne des Paulus wirklich alternativ sein will, braucht das nicht mit schrägen Klamotten oder coolen Haaren zum Ausdruck bringen, sondern durch fleißige Hände, die anderen etwas schenken können. Das bedeutet aber in der Regel, dass wir arbeiten müssen, dass wir uns etwas aufbauen, das uns diese radikale Liebe erlaubt.

Ja, das Christentum ist radikal, revolutionär und alternativ. Aber immer von innen nach außen. Immer mit dem heißen Herzen und den fleißigen Händen der Liebe. Die Welt verändert nicht der, der aus ihr aussteigt oder sie mit Gewalt bezwingen möchte, sondern der verantwortungsvoll in ihr lebt und das Seine tut.
Wo ist heute mein Platz, um die Liebe praktisch werden zu lassen?

Autor/-in: Pastor Dr. Christoph Schrodt