05.02.2014 / Wort zum Tag

1. Petrus 2,1

„Legt ab alle Bosheit und allen Betrug und Heuchelei und Neid und alle üble Nachrede“

1. Petrus 2,1

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Es muss in der Gemeinde krass zugegangen sein, an die Petrus schreibt. Was sind das für üble Eigenschaften, die da aufgelistet werden! In solcher Gemeinde möchte keiner zu Hause sein. Die Gemeindeglieder haben’s wirklich nötig, mal so richtig ermahnt zu werden, damit sie endlich begreifen, wo die Glocken hängen und wie man sich christlich zu verhalten hat.

Die Dosierungen mögen ja unterschiedlich stark sein, aber ganz ferne ist das mir und unseren Gemeinden nicht. Wenn Christen beieinander sind, finden wir uns nicht in einem frommen Paradiesgärtlein vor, sondern da treffen wir schwache und fehlsame Menschen an – mich eingeschlossen. Martin Luther hat die Gemeinde deshalb als eine „Pflege- und Lagerstätte für Kranke“ bezeichnet. Wer mehr erwartet, muss enttäuscht werden.

Aber da ist noch etwas anderes: „Legt ab“, heißt es gleich zu Beginn des Bibelverses aus dem 1. Petrusbrief. Dass es Sünde und Versagen gibt, darf uns nicht beruhigen. Das Negative muss genannt und muss abgetan werden. Ja nicht damit abfinden! „Ablegen“ ist angesagt. Das erinnert an das Ausziehen eines Kleidungsstücks, wenn ich in eine Wohnung komme. Das gehört sich so. Keiner sitzt mit seinem Wintermantel in der guten Stube. Das passt einfach nicht und ist ungesund. So auch, wenn wir an uns und anderen Sünde beobachten, mit der wir uns womöglich abfinden, die wir nicht abstreifen, sondern anbehalten möchten.

Deshalb finde ich es gut, dass Petrus die Dinge beim Namen nennt, die abzulegen sind. Er redet nicht um den heißen Brei herum, sondern bringt auf den Punkt, was im Argen liegt. Manchmal fällt uns das nämlich gar nicht auf. Wir sind „betriebsblind“ und haben uns daran gewöhnt. Machen das nicht mehr oder weniger alle so?!

Es gibt wirklich in unseren Gemeinden manchen Zündstoff. Ich denke noch an meine Jugendzeit zurück. Da habe ich in einer Gemeinde sonntags die Orgel gespielt. Zwei Pfarrer hielten die Gottesdienste. Beim einen, jung, schwarzgelockt und fesch, war gewöhnlich die Kirche voll. Der Pfarrer wurde von den Damen umschwärmt. Beim andern, er war wesentlich älter und konnte auch mit seiner Frisur nicht mithalten, hielt sich der Besuch – gelinde gesagt – in Grenzen. Ich frage mich heute: Wie sind die beiden wohl mit dieser Situation umgegangen? Da bleiben doch die Neidgelüste bei dem einen nicht aus, aber auch nicht die Überlegenheitsgefühle bei dem andern. Eine gefährliche Lage!

Ich bin überzeugt: Es gibt eine ungeschriebene Geschichte des Neids unter Christen. Da schaut man die Gaben des andern mit großen Augen an und fühlt sich daneben klein und armselig. „Legt ab“, ermuntert uns Petrus. Und er würde hinzufügen: „Freu Dich an den Gaben und an dem Zuspruch, die ein anderer hat. Vergleich dich nicht mit ihm, sondern greif die Talente auf, die Gott ganz speziell dir verliehen hat. Du bist reicher als du denkst“.

Es wird gefährlich, wenn der Bruder oder die Schwester in der Gemeinde zum Konkurrenten wird. Aus Miteinander wird Gegeneinander. Da sind die anderen Begriffe nicht weit, die Petrus ebenfalls anspricht: „Bosheit“, kleine Gemeinheiten, Nadelstiche, mit denen man dem anderen zu verstehen gibt, was man von ihm hält. Da stellt sich unweigerlich „Heuchelei“ ein, denn wer wird schon das, was er wirklich denkt, öffentlich zugeben! Da muss der schöne fromme Schein gewahrt bleiben.

Deshalb tut es gut, wenn Petrus ungeschminkt das aufgreift, was im Argen liegt. So hilft er den Gemeinden damals. So hilft er uns. „Legt ab!“ Wer zu Jesus gehört, muss nicht der bleiben, der er ist. Änderungen sind möglich. Die verbessern das Klima. Die schaffen eine wohltuende, liebevolle Atmosphäre. Das tut allen gut. Und Gott freut sich drüber!

Autor/-in: Präses i. R. Dr. Christoph Morgner