16.03.2011 / Wort zum Tag

1. Petrus 1,17

Führt euer Leben, solange ihr hier in der Fremde weilt, in Gottesfurcht.

1. Petrus 1,17

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Um die Gottesfurcht ist es in unserem Land nicht sonderlich gut bestellt. Gott ernst nehmen, Gott respektieren? Das fällt nur wenigen ernsthaft ein. Aber es ist merkwürdig: Je weniger wir Gott fürchten, desto mehr greift die Furcht vor allem Möglichen um sich: Furcht vor der Krebserkrankung, vor der Klimakatastrophe, vor dem Terroranschlag, vor der Arbeitslosigkeit, vor den Sternen und ihrem unheilvollen Einfluss und Furcht vor was noch allem. Die Furcht ist also nicht weniger geworden. Sie hat sich nur verlagert: weg von Gott, hin zu allem Möglichen, das nun Ängste schürt.

Hier sehe ich Zusammenhänge: Je weiter uns Gott am Horizont verschwindet, je belangloser er uns wird, desto mehr sehen wir uns dem Leben und seinen Mächten ausgeliefert. Die Furcht wird also nicht weniger, sondern sie bekommt andere Hintergründe.

Um uns zu einem klar orientierten, aber zugleich gelassenen Leben zu verhelfen, setzt der Apostel Petrus heute einen deutlichen Akzent: „Führt euer Leben in Gottesfurcht.“ Damit weist er uns zu einem Verhalten an, in dem wir Gott als den ehren, der er ist. In dem wir Gott die Würde und den Respekt zukommen lassen, der ihm gebührt. Gottesfurcht hat nichts mit einem ängstlichen Zittern vor Gott zu tun. Wir müssen vor Gott keine Angst haben, denn er liebt uns innig. Aber Gott hat etwas dagegen, wenn wir ihn ausblenden und uns so verhalten, als wäre er nicht da und als hätte er uns nichts zu sagen. Damit tun wir Gott weh und leben an den Realitäten vorbei. Wer Gott nicht „fürchtet und liebt“, so Originalton Martin Luther in seiner Erklärung zum ersten Gebot, der verweigert sich der Wahrheit. Der gaukelt sich etwas vor.

Doch das soll nicht sein. Das geht nicht gut. Deshalb schreibt Petrus an die Christen seiner damaligen Gemeinden. Er macht ihnen klar, worauf es für sie ankommt. So ähnlich greift es später Paul Gerhardt in einem Lied auf: „Gott ist das Größte, das Schönste und Beste, aus allen Schätzen der edelste Hort.“ Wir sollen wissen, worauf es ankommt und wer wirklich zählt. Unser alltägliches Leben so zu führen, dass uns Gott dabei an erster Stelle wichtig ist, dass er uns über alles geht – darauf kommt es an. Deshalb stimmen wir im kirchlichen Gottesdienst gleich nach dem Einganglied an „Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist.“ Damit vergewissert sich die Gemeinde, wo die Glocken hängen und wer letztlich das Sagen hat.

Aber das Leben in Gottesfurcht hat seine Probleme. Da liegen Fußangeln aus. Das weiß auch Petrus. Deshalb weist er extra auf das Problemfeld hin: „Solange ihr hier in der Fremde weilt.“ Die Christen damals wussten gleich Bescheid: Wir leben im Römischen Reich. Unser Glaube ist verboten. Als Christen befinden wir uns gleichsam auf vermintem Gelände. Der Widerstand „hier in der Fremde“ setzt uns zu. Wir sind nur eine bescheidene, bedrängte Minderheit. „Fremd“ sind wir, und oft fühlen wir uns auch so.

Doch Petrus macht Mut, die Segel nicht zu streichen, sondern Gott zu fürchten und glaubensgewiss zu leben. Damit steckt er uns heute ebensolche Lichter auf wie damals. Als Christen leben wir nach wie vor „in der Fremde“. Nicht die Erde ist unsere Heimat, sondern der Himmel. Dorthin sind wir unterwegs. Und auf diesem Weg bläst uns manchmal der Wind herb ins Gesicht: Eifernde Atheisten bescheinigen uns, geistig nicht auf der Höhe der Zeit zu sein. Medien sortieren uns in die Schublade gewalttätiger Extremisten ein. Oft wird uns bekundet, wie überholt und vorgestrig unser Glaube und unsere Traditionen sind. Und manchmal sorgen wir im christlichen Lager eigenhändig für Gegenwind. Dann sind wir unser größtes Problem. „In der Fremde“ – das ist nach wie vor unsere Lage.

Doch darin gilt es zu bestehen, und zwar „in Gottesfurcht“. Lasst uns Gott ehren. Er gibt uns den Takt für unser Verhalten vor. Je wichtiger er uns wird, je mehr wir ihn „fürchten“, desto mehr baut sich unsere Furcht ab, die wir vor allem Möglichen haben. Das macht uns frei und gelassen, unser Leben sorgsam zu gestalten und für andere Menschen ein Segen zu sein.
 

Autor/-in: Präses i. R. Dr. Christoph Morgner