04.10.2012 / Wort zum Tag

1. Mose 39,23

Der Amtmann über das Gefängnis kümmerte sich um nichts; denn der HERR war mit Josef, und was er tat, dazu gab der HERR Glück.

1. Mose 39,23

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Das Wort aus der Losung der Herrnhuter Brüdergemeine für heute macht mich hellhörig. ,,Der Herr war mit Josef, und was er tat, dazu gab der Herr Glück.”
Die Lebensgeschichte des Sklaven Josef in Ägypten ist schon erstaunlich. Aus Neid war er von seinen Brüdern als Sklave verkauft worden, doch wo er hinkam schien sich Glück auszubreiten. Sehr bald bemerkte Potiphar, sein ägyptischer Herr am Hofe des Pharao: alles, was Josef anpackte, ,,das ließ der Herr in seiner Hand glücken”. So wuchsen seine Aufgaben und sein Einfluss stetig, und es gab bald nichts im Hause des Potiphar, für das Josef nicht zuständig gewesen wäre.
,,Glück” - was ist das eigentlich? Unsere deutsche Sprache macht einen Unterschied zwischen ,,Glück haben” und ,,glücklich sein”. Und es ist ein folgenschwerer Irrtum vieler Menschen, dass sie meinen, Glück haben bedeute automatisch auch glücklich sein. Natürlich hängt beides eng zusammen. Wenn ich etwas erhalte, was mich erfreut und mein Bedürfnis befriedigt, fühle ich mich glücklich. An diesem Punkt setzt - um das an einem Beispiel deutlich zu machen — die Verkaufswerbung ein. Sie gaukelt mir vor, dass es ein großes Glück für mich wäre, wenn ich einen bestimmten Artikel besitze, und dass ich ein glücklicher Mensch würde, wenn ich diesen bestimmten Artikel auch fleißig benutzte.
Die Werbung gaukelt uns vor: die Dinge machen glückliche Menschen. Und durch immer mehr Werbung für angeblich immer bessere Dinge soll gewissermaßen eine Dauersehnsucht nach Glück erzeugt werden, nach immer größerem, immer vollkommenerem Glück. Ein Glück soll das andere überbieten. Das hat Abstumpfung zur Folge. Und das bedeutet, dass immer mehr, immer bessere und immer großartigere Dinge nötig sind, um immer weniger Glück zu erzeugen.
Fast sieht es so aus, als sei das die große, für normale Menschen unerreichbare Ausnahme, von der unser Text erzählt. ist es nur wenige Auserwählten vorbehalten, glücklich zu sein? Viele unter Ihnen kennen gewiss die Geschichte des Mannes Josef, von dem gesagt wird, dass der Herr zu allem, was er tat, Glück gab. Die Situation, aus der heraus das gesagt wird, ist gar nicht glücksträchtig.
Josef sitzt im Gefängnis; und mancher Zeitgenosse, der Josefs Geschichte miterlebt hat, mag gedacht haben: An diesem Unglück ist der selber schuld. Dabei hätte er doch so leicht sein Glück machen können, als die Frau seines Chefs ihm das eindeutige Angebot machte, ihr Geliebter zu werden. Das hätte gewiss einen Aufstieg auf der Karriereleiter für ihn bedeutet. Wer einen solchen Glücksfall nicht nutzt, der ist an seinem Unglück selber schuld. Der braucht sich nicht darüber zu beklagen, wenn die Zuneigung seiner hohen Gönnerin in Hass umschlägt, wenn das greifbar nahe Glück im Nichts zerrinnt.
Aber Josef beklagt sich erstaunlicher Weise nicht. Wie ist das möglich? Josef zeigt uns mit seiner Haltung, dass d a s Unglück des Menschen offensichtlich nicht die Dinge sind, die ihm fehlen, die verpassten Gelegenheiten, sondern etwas anderes. D a s Unglück des Menschen ist, dass er sich von Gott, dem Herrn seines Lebens entfernt hat; dass er meint, er konnte sein Gluck auf eigene Faust und ohne Gott machen. ,,Wie sollte ich denn ein solch großes Übel und gegen Gott sündigen?”
Wer das nicht bedenkt, der wird nicht glücklich, auch wenn er noch so viele glückverheißende Dinge anhäuft. Denn glücklich sein ist am Ende nicht abhängig von äußeren Verhältnissen, sondern davon, ob ein Mensch sein Leben geborgen und gut aufgehoben weiß bei Gott wie Josef. Ich habe erfahren, dass Glück und das Verhältnis zu Gott tatsächlich in einem Zusammenhang stehen. Seit ich durch Christus in Gott den vergebenden Vater gefunden habe, sehe ich manches mit anderen Augen. Z.B., dass mein tägliches Glück aus der Dankbarkeit entsteht und nicht vom dem großen, doch nie eintreffenden Zufall abhängt, sondern davon, wie ich die kleinen alltäglichen Ereignisse meines Lebens anschaue. Ich danke Gott, dass ich in vielen oft kleinen alltäglichen Ereignissen ein Zeichen seiner großen Barmherzigkeit entdecken kann.- Diese Dankbarkeit hat mich glücklicher gemacht. Mein Leben ist
abhängig von ihm, dem Herrn. Das ist mein Glück.
 

Autor/-in: Pastor i. R. Harald Stein