03.02.2011 / Wort zum Tag

1.Mose 26,4

Der HERR sprach zu Isaak: Durch dein Geschlecht sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden.

1.Mose 26,4

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Gott schreibt auf krummen Linien gerade. An diesen Ausspruch musste ich denken, als ich das Wort für den heutigen Tag las. Im ersten Buch Mose heißt es im 26. Kapitel: „Der HERR sprach zu Isaak: Durch dein Geschlecht sollen alle Völker auf Erden gesegnet werden.“

Den Satz hatte Isaak schon von seinem Vater Abraham gehört. Gott hatte ihm, Abraham, das auch schon gesagt. Warum wiederholt sich Gott? Ich glaube, Isaak brauchte das, weil er sich nicht sicher sein konnte, ob Gott wirklich mit ihm und seinen Nachkommen weitermachen wollte. Isaak hatte bereits einige Pannen in seinem Leben erlebt und seine beiden Zwillingssöhne Esau und Jakob waren auch nicht unbedingt Vorzeigemodelle. Die Zwillinge bekriegten sich schon im Mutterleib. Esau, der Ältere, war so verfressen, dass er sein Erstgeburtsrecht für ein gutes Essen verscherbelte. Jakob, der Jüngere, betrog seinen Vater beim Segen. Man hätte Gott verstehen können, wenn er gesagt hätte: „Stopp, alles zurück. Wir starten noch einmal mit anderen Typen, die sich des Segens und der Berufung des Glaubens als würdiger erweisen.“ Aber das tut Gott nicht, sondern er erneuert sein Segensversprechen. Durch und mit solchen Leuten will Gott seinen Segen zu allen Völkern bringen. Ein erstaunlicher Weg.

Und Gott ist sich offensichtlich treu geblieben. Wer sich einmal den Jüngerkreis Jesu genauer anschaut, dem vergeht Hören und Sehen. Hier finden wir keine Elitetruppe, sondern Eitelkeiten, Krach untereinander, Karrieresicherung, Missverständnisse über das, was Jesus sagt, usw. Ich hätte es verstanden, wenn Jesus nach seiner Auferstehung einen anderen Kreis von Mitarbeitern berufen hätte, der unbelastet von dem Versagen der letzten Stunden vor der Kreuzigung gewesen wäre. Hat er aber nicht. Und darüber bin ich froh. Ich atme immer wieder tief durch. Ich bin froh, weil ich mit all meinen Macken und Fehlern dann wohl auch Teil dieser weltweiten Segensgeschichte sein darf.

Ich atme gelegentlich auch tief durch, wenn ich an einige Mitchristen denke, die ich unmöglich finde. Aber vermutlich denken die anderen über mich das Gleiche.

Ich denke auch an unsere 700 hauptamtlich Mitarbeitenden der Berliner Stadtmission. Meine Güte, was sind da für Typen dabei, und mir wird plötzlich klar, dass das ein großes Geschenk ist. Gott hält sein Versprechen.

Da aber weitet sich plötzlich mein Horizont: Ach ja, alle Völker sollen gesegnet werden. Das macht die Sache nicht einfacher, wenn ich an die unterschiedlichen Kulturen und Glaubensverständnisse unter Christen denke. Da ist viel Reichtum und mancher Murks. Und trotzdem bin ich dankbar. Das Ganze geht wohl nur, weil Gott entschlossen ist, auch auf krummen Linien gerade zu schreiben.
 

Autor/-in: Pfarrer Hans-Georg Filker