15.06.2015 / Wort zum Tag

1. Korinther 1,28

"Das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist."

1. Korinther 1,28

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Was Rang und Namen hat, das zählt bei uns in der Gesellschaft.
Und in unseren christlichen Gemeinden ist das oft nicht anders.
Was der Apostel Paulus an die Gemeinde in Korinth schreibt, hört sich anders an.
Im 1. Korintherbrief, Kapitel 1, Vers 28 heißt es: „Das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt, das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist.“
Paulus fordert die Gemeinde auf: Schaut doch auf die, die bei euch zum Gottesdienst versammelt sind. Da werdet ihr nicht viele studierte Leute zu sehen bekommen, nicht die an den Schalthebeln der Macht, nicht viele, die Einfluss haben und ihre Beziehungen spielen lassen können. Von den oberen Zehntausend wird sich kaum einer zu euch verirren.
Im Gegenteil: Die kleinen Leute, die grauen Mäuse, solche, die sich nur als kleines Rädchen im Getriebe fühlen, die finden sich bei euch ein. Menschen vom Rand der Gesellschaft,
Sklaven und Lohnarbeiter aus dem Hafenviertel, einfache Handwerker, kleine Händler, die bilden vor allem die Gemeinde.
Warum ist das so? Weil Gott das Geringe erwählt, Menschen, die in den Augen der Einflussreichen keine Bedeutung haben. Das fängt schon beim Volk Israel an.
Das unbedeutende und schutzbedürftige Israel hat  Gott zu seinem Volk gemacht und hält ihm die Treue bis auf den heutigen Tag. Und als die Zeit erfüllt war und Gott seinen Sohn gesandt hat in diese Welt, mitten hinein in sein Volk Israel, da war es nicht anders.
Maria, das Mädchen aus dem einfachen Volk, die Gott sich dafür ausgesucht hat, bringt es zur Sprache in ihrem Lobgesang:
Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen.
An Jesus und an seinem Weg in dieser Welt wird es dann endgültig deutlich, wie es um die erwählende Liebe Gottes steht.
Arm und gering wird Jesus geboren, in einem Stall. Eine Futterkrippe muss ihm zur Wiege dienen. Bedeutungslose Hirten sind die ersten, die die frohe Botschaft vom Kommen des Retters hören.
Der Weg von Jesus führt immer wieder zu den Schwachen und Verachteten.
Den Zöllnern und Sündern, den Menschen am Rand der Gesellschaft, wendet er sich zu.
„Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken“, sagt  Jesus.
Die unter der Mühe und Last ihres Alltags zu zerbrechen drohen, die lädt er ein.
Ihnen gilt sein Ruf:
„Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid,
ich will euch erquicken“. Aufatmen sollt ihr und frei sein.
Und schließlich ist er selbst den Weg ans Kreuz gegangen, in die tiefste Tiefe des menschlichen Leidens und der Verlassenheit. Er ist den schlimmsten Tod gestorben, der damals denkbar war: am Fluchholz. Für uns, damit wir leben können. Menschliche Maßstäbe werden damit auf den Kopf gestellt. „Sie werden zunichte gemacht“, schreibt Paulus.
Nach menschlichen Maßstäben zählt, was wir geleistet haben.
 „Mein Leben ist soviel wert, wie ich daraus mache“, sagen manche Menschen. Wer so denkt, der täuscht sich. Denn vor Gott gilt nicht, was wir geleistet haben. Vor Gott gilt nur, was Jesus für uns getan hat. Darum muss zunichte gemacht werden, was keinen Wert hat.
Unser Stolz auf unsere Leistung. Unsere Selbstgerechtigkeit, die uns einredet, dass wir Jesus, den Gekreuzigten nicht brauchen. Denn nur leere Hände können das empfangen, was Jesus schenkt.
Martin Luther hat am Ende seines Lebens auf einen Zettel geschrieben:
„Wir sind Bettler, das ist wahr“.
Das sollen wir entdecken, damit wir merken, was unserem Leben wirklich Wert gibt.
 

Autor/-in: Pfarrer Werner Schmückle