14.05.2010 / Wort zum Tag

1. Johannes 4,16

Gott ist die Liebe und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.

1. Johannes 4,16

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Schule am Freitag, kurz vor dem Wochenende. Ich gebe Religion in der 6. Stunde für die erste Klasse. Es sind nur 8 Schülerinnen und Schüler. Eigentlich eine traumhafte Situation.  Aber nur eigentlich: Einer der Schüler kann schon seit zwei Stunden kaum noch sitzen. Er liegt auf seinem Stuhl, dann auf der Bank und schließlich auf dem Boden. Ein Mädchen kennt schon vorher alle Geschichten auswendig. „Ich kann die selbst erzählen“, meint sie mit erhobenem Zeigefinger. In der Zwischenzeit schaukelt ein Junge mit seinem Stuhl, dass es richtig gefährlich aussieht. Und ein anderer Junge meint demonstrativ: „Langweilig, Religion ist so langweilig.“

Ich probiere es erst mit Freundlichkeit, merke dann aber, wie immer mehr Wut und Zorn in mir aufsteigen. Warum tue ich mir das überhaupt an? Wenn sich die Kinder anscheinend gar nicht für den Unterricht interessieren. Jetzt bloß ruhig bleiben. Wenn ich jetzt los schreie, wird es nur noch schlimmer.

Mir fällt der Vers ein: „Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“ Ein stilles Stoßgebet: „Herr, du liebst sie. Lass mich ruhig bleiben. Hilf, dass ich sie gern haben kann. Lass mir was Originelles einfallen, damit sie zuhören können.“

Es gibt jeden Tag so viele Anlässe, die versuchen, uns die Liebe auszutreiben. Kolleginnen oder Kollegen zum Beispiel, die uns vor allem als Konkurrenten sehen. Oder der Zeitdruck, der uns nicht zur Ruhe kommen lässt und  uns immer antreibt. Schneller! Schneller! Wir funktionieren dann wie Maschinen, aber nicht mehr wie Menschen. Da sind die alten Verletzungen, die immer wieder schmerzen und uns die Freude nehmen. Und manchmal, da bemerke ich in mir sogar den Wunsch nach Vergeltung, nach Rache.

Noch einmal höre ich auf den Anfang des Bibelwortes. Gott ist Liebe. Wenn ich mich für Hass und Vergeltung oder auch nur Gleichgültigkeit entscheide, dann entscheide ich mich gegen Gott. Dann verlasse ich den Raum seiner Liebe, verliere den inneren Frieden.

Deshalb halte ich  inne und höre auf den ganzen Vers: Wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.

Liebe beginnt oft mit einem Gebet. Wenn ich in Zeitdruck bin: Herr, hilf mir, auch jetzt  in der Liebe zu leben. Lass mich die Menschen aufmerksam und liebevoll wahrnehmen. Ich will nicht nur an ihnen vorbeieilen. Zeig mir, wie ich sie unterstützen kann. Wenn ich mich überfordert oder herausgefordert fühle: Herr, steh mir bei. Hilf, dass sich meine Überforderung nicht in Wut verwandelt. Gib mir eine Idee, wie ich die Aufgaben bewältige oder wen ich um Unterstützung bitten kann. Wenn ich verletzt bin: Herr, durchbrich in mir das Verlangen nach Vergeltung und Rache. Schenk mir die Kraft zur Vergebung.

Gottes  Zusage gilt: Wenn ich in der Liebe lebe, dann bleibt er mit seiner Kraft und Liebe bei mir und in mir. Und er hat die Kraft, Situationen und auch Menschen zu verändern. Meistens fängt er bei mir damit an. 

Autor/-in: Lothar Eisele