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© Jon Flobrant / unsplash.com

22.07.2022 / Andacht / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Hanna Willhelm

Freiheit – wie geht das?

Zwei Impulse für ein freies Leben zwischen Wunsch und Wirklichkeit.

Wie sieht Freiheit für dich aus? Wie hört sie sich für dich an? Und was fühlst du, wenn du an Freiheit denkst? Je nach Typ verbinden Menschen Freiheit mit unterschiedlichen Dingen. Der Outdoorfan fühlt sich frei, wenn er durch eine wilde, naturbelassene Berglandschaft wandert. Für die vierfache Mutter ist es Freiheit pur, wenn sie mal eine Woche ohne schulische Verpflichtungen oder Taxifahrten am Nachmittag hat. Für so manchen Mann – und vielleicht auch für ein paar Frauen? – ist ein PS starkes Auto der maximale Ausdruck von Freiheit. Ich denke da an einen bestimmten Sportwagen mit unglaublichen 770 PS unter der Haube. Mit diesem Auto ist man weg, bevor man überhaupt gesehen wurde.

Eines haben diese Vorstellungen gemeinsam, unabhängig davon, wie jemand Freiheit für sich buchstabiert: Freiheit bedeutet immer die Abwesenheit von Zwang oder von Dingen, die unangenehm sind. Das merke ich auch bei meinem persönlichen Bild von Freiheit. Das besteht aus einer einsam gelegenen Wiese am Waldrand mit einem Schatten spendenden Baum in der Mitte. Dort lese ich ein Buch und kein Mensch stört mich dabei.

Freiheit ist unabhängig von perfekten Bedingungen

Allerdings weiß ich, dass die Idylle dieser Wunschvorstellung trügt. Denn sie hat kaum eine Chance, sich gegen das wirkliche Leben durchzusetzen. Ganz abgesehen davon, dass wir von diesen Selbstverständlichkeiten nur träumen können, weil wir in einem Land mit großen persönlichen und politischen Freiheiten leben. In weniger demokratischen Ländern wird Freiheit als eine härtere Währung verstanden und gehandelt.

Aber zurück zu den Freiheitsträumen: Der begeisterte Bergsteiger muss sich nach einem langen Bürotag mit einer abendlichen Joggingrunde begnügen. Die junge Familie muss darum kämpfen, dass hin und wieder wenigstens ein Wochenende ohne Ausflüge oder Besuche bleibt. Der Liebhaber von schnellen Autos kann nur hoffen, dass auf den deutschen Autobahnen kein Tempolimit kommt. Und auch ich kann nicht ewig auf meiner Wiese sitzen bleiben, sondern brauche die Begegnung mit anderen Menschen.

Freiheit, die ich nur dann erleben kann, wenn alles Störende weit weg ist, ist eine sehr zerbrechliche Freiheit.

Freiheit, die ich nur dann erleben kann, wenn alles Störende weit weg ist, ist eine sehr zerbrechliche Freiheit. Früher hat mich das traurig gemacht. Heute weiß ich, dass es gut ist. Die Weltsicht der Bibel hat mir dabei geholfen, meinen Frieden mit dieser Tatsache zu schließen. Zwei Dinge sind mir dabei wichtig geworden:

1. Freiheit geht nur in der richtigen Mischung aus Individualität und Gemeinschaft

Gott will nicht, dass der einzelne Mensch von der Masse bestimmt wird. Stattdessen nimmt er jeden als Persönlichkeit wahr. Mehr noch: Er hat einen Plan für jedes Leben. Das wird schnell klar, wenn man biblische Geschichten liest. Gott nimmt immer wieder Einzelpersonen aus ihren Familien und ihrer gewohnten Umgebung heraus und geht seinen ganz eigenen Weg mit ihnen. Abraham (1. Mose 12ff), Rut (Buch Rut), David (1. Samuel 16ff) oder Paulus (Apostelgeschichte 9) sind nur einige Beispiele dafür.1

Auch viele Psalmen sprechen eine sehr persönliche Sprache. Da schüttet ein Mensch sein Herz vor Gott aus. Er klagt über Unrecht oder staunt über Gott. Heute ist dieser offene Umgang mit Gefühlen selbstverständlich. Wir stellen auf Facebook, Instagram und Co. manchmal zu viel davon zur Schau.

Im Alten Orient waren die Menschen damit zurückhaltender. Sie waren stark in familiären und lokalen Strukturen eingebunden. In einer solchen Kultur passt sich der einzelne viel stärker an. Wer aus der Reihe tanzt, wird zurückgepfiffen. Deshalb waren die persönlich gehaltenen Gebete der Psalmen für einen gläubigen Juden kostbar. Vielleicht waren sie für die damalige Zeit sogar ein wenig revolutionär.

Mit der Spannung zwischen Freiheit und Verantwortung leben lernen

Umgekehrt ist Gott aber auch kein Befürworter eines uneingeschränkten Individualismus. Er hat Abraham, Rut, David und Paulus nicht deswegen aus der Masse herausgehoben, damit sie ihr persönliches kleines Glück finden. Sie sollten ihre Berufung zum Wohl ihrer Mitmenschen einsetzen. Auch viele Psalmenbeter haben das Anliegen, dass Gott sich um das Volk Israel kümmern soll.

Die Freiheit eines Menschen steht in der Bibel also immer in einer Spannung zwischen zwei Polen. Auf der einen Seite macht Gott schon auf den ersten Seiten der Bibel die Aussage: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“. Und auf der anderen Seite ruft Gott einzelne mit der Aussage „Dich habe ich berufen“ aus der Masse heraus.

An dieser Spannung hat sich bis heute nichts geändert. Mit ihr muss auch ich leben lernen. Ich darf die Einsamkeit meiner Waldwiese genießen. Ich bin aber immer wieder auch herausgefordert, den Kontakt mit Menschen zu suchen und in Beziehungen zu investieren.

Darf ich fragen, wo dein Spannungsfeld liegt? Wo müsstest du lernen, damit umzugehen, dass dein Bild von Freiheit immer wieder gestört wird? Gibt es Lebensbereiche, in denen du deine persönliche Freiheit stärker so gestalten könntest, dass du anderen gegenüber verbindlicher bist als bisher?

2. Freiheit geht nur mit Gott

Das alles reicht aber noch nicht aus, um zu verstehen, was die Bibel mit Freiheit meint. Sie setzt nämlich noch einen drauf und behauptet, dass ein Mensch nur dann wirklich frei ist, wenn er sich an Gott bindet.

Das ist der Unterschied zur gängigen Sicht von Freiheit. Für viele Menschen ist es einsichtig, dass Freiheit bedeutet: Ich übernehme Verantwortung für andere. Aber, dass ich Gott brauche, um frei zu sein? Warum denn?

Die Menschen zur Zeit Jesu dachten ähnlich. Sie protestieren, als Jesus ihnen sagt, dass sie sich mit ihrem Leben an seinen Worten orientieren müssen, wenn sie frei sein wollen. Jesus antwortet auf diesen Protest mit einer steilen Aussage.

Jesus behauptet: „Wer ohne Gott lebt, kann gar nicht frei sein.

Er behauptet: „Wer ohne Gott lebt, kann gar nicht frei sein. Stattdessen tut er bewusst oder unbewusst immer wieder Dinge, die ihm und anderen schaden“. Mit anderen Worten: Ein Mensch, der ohne Gott lebt, gefährdet zuerst seine eigene Freiheit und darüber hinaus dann die Freiheit der anderen Menschen.

Das klingt arrogant und engstirnig. Vielleicht wird die Aussage von Jesus verständlicher, wenn wir die Liebe als Messlatte anlegen. Das kann jeder für sich überprüfen: Behandle ich andere Menschen immer so, wie ich selbst behandelt werden möchte? Bestimmen Liebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit mein Verhalten anderen gegenüber? Kann ich vergeben?

Bin ich bereit, meine Feinde zu lieben? Verzichte ich auf mein Recht und meine Vorteile, wenn es anderen Menschen nutzt, unabhängig davon, ob sie mir sympathisch sind oder nicht? Und schließlich: Kann ich es akzeptieren, dass nicht ich das letzte Wort über mein Leben habe, sondern Gott, der mich geschaffen hat?

Die Möglichkeit sich für oder gegen eine Bindung an Gott zu entscheiden

Das wäre der Maßstab, den Gott an ein wahrhaft freies Leben anlegen würde. Diesen Maßstab muss niemand für sich übernehmen. Das ist die Wahlfreiheit, die Gott jedem Menschen ebenfalls schenkt. Mich persönlich überzeugt dieser Ansatz allerdings.

Denn wenn ich mir die Welt um mich herum anschaue, scheint er mir sehr realistisch zu sein. Jeden Tag begegnen mir Geschichten von Menschen, die sich gegenseitig unglücklich machen. Jeden Tag höre ich Meldungen davon, wie viel wir Menschen kaputt machen. Jeden Tag bleibe ich selbst hinter den Forderungen der Liebe zurück.

Ich möchte mit Gottes Hilfe frei werden von Egoismus und Lieblosigkeit, von dem Verkrümmtsein in mich selbst.

Deswegen will ich persönlich in dieser Bindung an Gott leben. Ich möchte mit seiner Hilfe frei werden von Egoismus und Lieblosigkeit, von dem Verkrümmtsein in mich selbst. Vielleicht kann ich so sogar ein kleines Stückchen Freiheit in meine Umgebung hineintragen.

Ich weiß nicht, wie du zu diesen Gedanken stehst. Vielleicht siehst du das alles ganz anders. Die Freiheit dazu hast du. Vielleicht möchtest du dich aber auch mit auf diesen Weg der Freiheit begeben? Ein erster Schritt dazu wäre es, ein Gebet an Gott zu richten, indem du deinen Wunsch oder deine Gedanken ihm gegenüber äußerst.

Oder du ließt den Bibeltext noch einmal nach, in dem Jesus so provozierend über die Freiheit spricht. Du findest ihn im Neuen Testament (Johannes 8,31-36).

So oder so wünsche ich dir für dein Leben, dass sich dein kleiner Traum von Freiheit immer wieder erfüllt und dir die Kraft gibt, Verantwortung für dich und andere zu übernehmen.
 

1 Du möchtest die Lebensgeschichten dieser vier Personen nachlesen? Du findest sie unter den folgenden Bibelstellen: Abraham: 1.Mose 12ff; Rut: Rut 1-4; David: 1.Samuel 16ff; Paulus: Apostelgeschichte 9.  

 Hanna Willhelm

Hanna Willhelm

  |  Redakteurin

Hanna Willhelm ist Theologin und Redakteurin im Bereich Radio und Online. Sie ist fasziniert von der Tiefe biblischer Texte und ihrer Relevanz für den Alltag. Zusammen mit ihrer Familie lebt die gebürtige Badenerin heute in Wetzlar und hat dabei entdeckt, dass auch Mittelhessen ein schönes Fleckchen Erde ist.

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Kommentare (2)

Dennis /

"Die Möglichkeit sich für oder gegen eine Bindung an Gott zu entscheiden".
Ist Jesus Christus, der HERR, allmächtig oder du?
Römer 9: Was wollen wir denn hier sagen? Ist denn Gott ungerecht? Das mehr

Gast /

Freiheit gibt es nur durch den Sohn Gottes.
"Durch seine Wunden sind wir geheilt."

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