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© Olia Nayda / unsplash.com

18.03.2020 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 8 min

Autor/-in: Tanja Rinsland

Angst vor dem Coronavirus?

Sechs hilfreiche Tipps, um gelassener mit der Epidemie umzugehen.

Auf einen Schlag ist sie da. Die Angst. Manche haben ein mulmiges Gefühl, einige nehmen es gelassen. Bei anderen wiederum bricht kalter Schweiß aus, wenn sie aktuell ein leichtes Kratzen im Hals verspüren. Seitdem der Virus Covid-19 in Deutschland angekommen ist, überschlagen sich die Ereignisse in den Nachrichten. Und mit jeder Meldung steigt die Besorgnis: Bin ich oder meine Familie betroffen? Gibt es jemanden in meinem Umfeld, der das Virus hat, ohne es zu wissen? Wie soll ich die Kinderbetreuung stemmen und was passiert mit meinem Job, wenn eine Weltwirtschaftskrise ausgelöst wird?

Ich kann diese Reaktionen gut verstehen. Vor einiger Zeit habe ich unter einer Angststörung gelitten. Nach einem tragischen Schicksalsschlag fiel es mir zunehmend schwer, mit Leichtigkeit und Zuversicht in die Zukunft zu schauen. Stattdessen bestimmten immer mehr Sorgen meinen Alltag. Mit Hilfe einer Therapie konnte ich lernen, trotz Angst mein Leben mit mehr Gelassenheit zu gestalten. Ich habe dabei einige hilfreiche Tipps gelernt, wie man unter anderem mit Krankheitsängsten umgehen kann – ob sie nun den Corona-Virus betreffen oder eine andere Krankheit. Hier folgen die sechs Schritte, die mir persönlich am meisten geholfen haben, besser mit meinen Sorgen zurechtzukommen.

1. Ich verstehe, warum ich Angst empfinde

Manche reagieren aktuell mit Spott auf die Angst ihrer Mitmenschen. Da werden Augen verdreht, über Hamstereinkäufe gelacht und abfällige Witze gerissen. Hilfreich ist das nicht. Es führt höchstens dazu, dass ich mich schäme, wenn ich zu denen gehöre, die sich aktuell vermehrt Sorgen wegen der Corona-Epidemie machen.

Dabei ist Angst weder gut noch schlecht. Sie ist erst einmal einfach ein Gefühl. Ich persönlich glaube, dass es unser Schöpfer war, der in uns Menschen die Fähigkeit hineingelegt hat, Emotionen zu empfinden. Und zwar die ganze Bandbreite an Gefühlen, die wir im Laufe unseres Lebens erfahren: Freude, Trauer, Überraschung, Ekel, Wut und eben auch Angst.

Die hat nämlich eine sehr sinnvolle Funktion: Angst schützt uns davor, uns selbst zu gefährden! Angst kann ein echter Lebensretter sein, wenn sie mich davor bewahrt, zu nah an eine brüchige Klippe zu gehen oder übermüdet Auto zu fahren.

Wenn ich gerade eine vermehrte Besorgnis empfinde, ist das erst einmal nichts anderes als ein Signal meiner Seele: „Achtung! Mögliche Gefahr voraus!“

Das ist übrigens auch der Grund, warum Angst oft mit einer körperlichen Reaktion wie Herzklopfen oder Gänsehaut einhergeht: Wenn mein Gehirn eine Gefahrensituation registriert, kann es in Bruchteilen von Sekunden Signale an den ganzen Körper schicken, die ihn auf Alarmbereitschaft schalten. Dieser natürliche Schutzmechanismus ermöglicht uns zum Beispiel, ganz plötzlich auf die Bremse zu treten und damit einen Unfall zu verhindern.

Bei einer Epidemie – wie wir sie gerade erleben – kann meine Angst hilfreich sein, wenn sie mich daran erinnert, sinnvolle Schutzmaßnahmen vorzunehmen.

2. Ich steuere einer Verselbstständigung der Angst entgegen

Das eigentliche Problem ist, dass sich Angst verselbstständigen kann. Dann wird sie nicht nur im Falle einer realen Bedrohungssituation ausgelöst, sondern schon bei dem Gedanken daran, dass eine Gefahr bestehen könnte. Wenn ich schon beim Lesen der Tagesschau-Meldungen zum Corona-Virus Herzrasen bekomme oder sich meine Gedanken permanent darum drehen, dass ich mich anstecken könnte, dann schießt die Angst sozusagen über ihr Ziel hinaus. Sie schützt mich nicht mehr nur, sondern beginnt, mich zu kontrollieren.

In Situationen, die mir Angst machen, versuche ich deswegen zu reflektieren: Was genau war der Auslöser meiner Angst? Im Falle von Corona zum Beispiel: Ist es der Gedanke, dass ich selbst schwer erkranken könnte? Oder habe ich Sorge, andere Menschen anzustecken und ihnen zu schaden? Meinen Angstgefühlen auf den Grund zu gehen hilft mir, wieder die Kontrolle über mein Handeln zu übernehmen.

Wohlgemerkt, das ist anstrengend und macht auch nicht gerade viel Spaß. Doch wenn ich mir meine Angst bewusst mache, ist das so, wie wenn man ein Boot ins Trockendock legt. Alle Schäden und Verkrustungen, die bisher verborgen unter der Oberfläche lagen, werden sichtbar und können Stück für Stück entfernt werden.
 

Mir hilft es darüber hinaus, mich bewusst und in einem angemessenen Umfang über das zu informieren, was mir gerade Sorgen macht. Ich setze meinen Befürchtungen Fakten entgegen. Ich gehe dem Thema nicht aus dem Weg, verbringe aber auch nicht Stunden damit, jeden Artikel im Netz dazu zu lesen. Ich wähle gezielt zwei oder drei seriöse Quellen aus, denen ich vertraue, alles andere klicke ich nicht an. Dabei achte ich darauf, aus welcher Quelle die Informationen kommen und lasse mich nicht auf diffuse Kanäle ein, wie Whatsapp-Kettenbriefe.

Ich entscheide, wann, wie und wo ich mich dem Thema aussetzen möchte, und überlasse diese Entscheidung nicht meiner Angst.

3. Ich akzeptiere, dass es im Leben keine absolute Sicherheit gibt

Viele Menschen machen sich Sorgen um ihre Gesundheit. Das ist ganz normal, schließlich gehören Krankheiten zu unserem Leben dazu – auch schwere Diagnosen, wie Krebs oder Multiple Sklerose. Das Corona-Virus mag im Vergleich weniger gefährlich sein, aber es gibt eben doch das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs, weshalb die vielen Schutzmaßnahmen durchaus sinnvoll sind.

Allerdings ist da dieser Teil in mir, der diese Unsicherheit nicht akzeptieren möchte. Der sich nicht mit dem Gedanken beschäftigen will, dass es keine Garantie auf immerwährende Gesundheit und ein leidfreies Leben gibt.

Doch wenn ich mich an die Illusion klammere, das Leben vollständig kontrollieren zu können, verstärkt das auf Dauer meine Angst. Krankheitsängste werden oft dadurch ausgelöst, dass ich einen plötzlichen Schicksalsschlag erleben musste, zum Beispiel wenn aus heiterem Himmel ein geliebter Mensch stirbt. In solchen Situationen fühle ich mich hilflos, überfordert und ausgeliefert. Ich erfahre, dass das Leben eben nicht kontrollierbar ist. Vielleicht ist das auch der Grund, warum viele sich schwer tun, entspannt mit der Corona-Krise umzugehen: Plötzlich überschlagen sich die schlechten Nachrichten. Mit einem Schlag scheint das vermeintlich sichere Leben in Deutschland bedroht. In einer solchen Situation ist es nachvollziehbar, dass Menschen nach Sicherheiten suchen.

Nach solchen Erfahrungen entwickeln Ängste oft eine interessante Dynamik, denn sie gaukeln mir vor: „Wenn ich mir im Vorhinein über all die schrecklichen Dinge Gedanken mache, die theoretisch passieren könnten, werde ich nie wieder von einer Katastrophe überrascht werden!“ Es ist ein bisschen so, als wolle sich meine Gefühlswelt sicherheitshalber auf den nächsten Schicksalsschlag vorbereiten und alle negativen Emotionen vorwegnehmen. 

Mir hilft es, mir in solchen Situationen zu sagen: „Ja, es kann sein, dass mir etwas Schweres widerfahren wird. Aber heute, jetzt und hier ist es noch nicht so weit. Deswegen versuche ich heute, den Tag zu gestalten.

Ich gehe heute vernünftig mit meiner Gesundheit um, mache mich aber darüber hinaus nicht verrückt.“ Ganz nach dem biblischen Motto: „Jedem Tag seine eigene Last.“

4. Ich erwarte nicht von Gott, mich vor allem Unheil zu bewahren

Vielleicht hat auch meine christliche Prägung ihren Teil dazu beigetragen, dass ich mich schwer damit tue, diese Unsicherheit zu akzeptieren. Sollte Gott seine geliebten Kinder nicht vor allem Unheil schützen? Außerdem kennt er doch die Zukunft – kann er da nicht was deichseln, damit mir bloß nichts Schlimmes widerfährt?

Ich glaube inzwischen, dass ich einem falschen Gottesbild nachlaufe, wenn ich von Gott erwarte, alles Unheil von mir fernzuhalten. Es gibt einen Bibelvers, der mir immer wieder dabei hilft, meine Perspektive gerade zu rücken. In Johannes 16 sagt Jesus:

In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. – Jesus in Johannes 16,33

Der Vers stammt aus einem Gespräch zwischen ihm und seinen Jüngern, in dem Jesus sie darauf vorbereitet, dass er bald sterben würde. Er sagte dabei nicht: „Angst ist überflüssig, reißt euch gefälligst zusammen!“ oder „Angst ist Sünde, nur schwache Menschen haben Angst!“ Jesus gestand den Jüngern zu, dass sie schreckliche Trauer und Angst empfinden würden, denn die Lage sollte für sie durchaus bedrohlich werden. Sie würden ihren Herrn verlieren und zwar auf eine grausame Art und Weise. Er würde ihnen plötzlich entrissen werden und sie müssten hilflos dabei zusehen.

Jesus verurteilte sie nicht dafür, dass sie wie ganz normale Menschen auf Karfreitag reagierten: mit Angst. Doch Jesus blieb nicht bei der Furcht stehen, sondern machte ihnen Mut, durch die Angst hindurchzuschreiten und sich von ihm trösten zu lassen. Ein bisschen so wie Kinder, die nach einem Alptraum aufwachen und nach ihren Eltern rufen. Mama und Papa machen den Schrecken der Nacht nicht ungeschehen, aber sie sind da und trocknen die Tränen.

Manchmal fühlt sich das Leben wie ein Alptraum an, vor allem dann, wenn wir Schicksalsschläge erleben. Doch wir dürfen gerade dann Jesus einladen, mit uns durch die Angst hindurchzuschreiten. 

5. Ich entscheide bewusst, wie ich handle

Angst ist dazu da, damit wir in Gefahrensituationen reagieren können, ohne groß darüber nachzudenken. Wenn meine eigene Angst allerdings über ein angemessenes Maß hinauswächst, kann sie meinen Handlungsspielraum einschränken. Wenn ich zum Beispiel aus lauter Angst, mich anzustecken, Hamstereinkäufe vornehme oder keine Spaziergänge mehr unternehme. Ähnlich ist es auch mit anderen Ängsten wie Flugangst, Menschenfurcht oder einer Hundephobie: Gefühle, die sich verselbstständigt haben, schränken meinen Lebensradius immer stärker ein.

Ich überlege also bewusst, was in der jetzigen Lage sinnvoll ist und folge zum Beispiel den Empfehlungen des Robert Koch Instituts, vermeide aber Verhaltensweisen, die von Experten als übertrieben oder wenig hilfreich eingestuft werden. Denn jedes Mal, wenn ich meine Angst überwinde und stattdessen eine bewusste Entscheidung treffe, nehme ich der Angst die Macht über mich.

6. Ich tue mir selbst etwas Gutes!

Angst kann einem ganz schön das Leben vermiesen. Wenn sich in meinen Gedanken ständig alles darum dreht, was möglicherweise in Zukunft alles passieren könnte, verbrauche ich meine Zeit und Energie damit, mich von den Sorgen bestimmen zu lassen. Ich kann die Angst zwar nicht wegzaubern, aber ich kann mir immer wieder eine bewusste Auszeit davon gönnen, indem ich mir etwas Schönes vornehme. Für mich ist das zum Beispiel das Wandern in der Natur. Die Schöpfung ist für mich eine regelrechte Tankstelle für Gelassenheit!

Ich kann mir auch etwas Leckeres kochen, ein gutes Buch lesen oder beten. Selbstfürsorge ist vor allem in den Zeiten wichtig, in denen unser Körper unter besonderem Stress leidet – und wenn meine Seele gerade Angst spürt und sich vermehrt Sorgen macht, darf und sollte ich ihr den Raum schenken, aufatmen zu können. Angst zu spüren ist nichts Schlimmes, aber ich weigere mich damit, der Angst mein Leben zu widmen.

 Tanja Rinsland

Tanja Rinsland

  |  Unit Lead ERF Plus Redaktion

Tanja Rinsland hat Medienwissenschaften und Organisationsentwicklung studiert. Die Deutschbrasilianerin leitet die ERF Plus Redaktion und verantwortet mit ihrem Team die inhaltliche Gestaltung des Senders. 

Ihr Kommentar

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Kommentare (8)

Susanne /

Vielen Dank für den hilfreichen Artikel. Eure Arbeit ist so wertvoll und wirkt wie ein Anker in dieser stürmischen Zeit.

Richard W. /

Danke für den Artikel und die ehrlichen Gedanken.
Ich musste als Vater einer Familie auch in dieser Zeit lernen mit solchen Gedanken der Angst und Verunsicherung umzugehen. Dabei hat mir ein mehr

Frank S. /

Danke für den hilfreichen Artikel, der uns zeigt wie wir mit Gelassenheit, Besonnenheit und Zuversicht den Alltag in der aktuellen Krise besser bewältigen können.
Immer wieder Momente im Alltag suchen, um innzuehalten und zur Ruhe zu kommen ist mir dabei wichtig geworden.

Christina A. /

Es tut einfach nur gut und gibt Kraft und Zuversicht

Ilona A. /

Um gut durch Krisenzeiten zu kommen (auch während der Corona-Krise) habe ich aktuell ein Buch geschrieben:
"Damit es auch ein Morgen gibt. Hilfe in schwierigen Zeiten"

Hildegard /

Corona Virus mit der Sünde zu vergleichen??
Das widerspricht meiner Erkenntnis.
Denn, Jesus hat für die Sünde, für die Sünder gelitten; ER hat durch seinen Opfertod am Kreuz, jedem der an ihn mehr

Marion /

Vielen Dank für den schönen Artikel! Die Situation ist für uns alle schwer, aber wir können uns Mut machen und gegenseitig unterstützen. Es ist so schön zu sehen, dass Menschen aufeinander zugehen, mehr

Maria /

Vergleicht mal den Corona-Virus mit der Sünde ;)

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